von Deborah Onnis - Während sich die kleine Rebecca noch von den Bisswunden erholt, die ihr ein Hund zugefügt hat, wird dieser in Italien von den Behörden untersucht. Eingeschläfert wird er wohl kaum.
Fünf Tage ist es her, seit die fünfjährige Rebecca D.* in Figino im Tessin bei einem Spaziergang von Jasper, einem American Staffordshire Terrier, gebissen und schwer verletzt wurde. Das Mädchen ist immer noch im Spital. «Sie macht aber gute Fortschritte», sagt ihr Vater Fausto D.* Sie bewege sich, spiele und esse auch schon wieder. «Die äusseren Fäden wollen die Ärzte am Dienstag entfernen.»
Bei welchen Narben später plastische Chirurgie angewendet werden muss, ist noch unklar. «Im Moment geht es primär darum, dass sich die Kleine erholt.» Zudem stünden jetzt noch Untersuchungen bei diversen Spezialisten an. Etwa eine Woche werde Rebecca noch im Spital bleiben müssen, wo sie derzeit wegen einer heiklen Knochenverletzung eine aggressive Antibiotika-Therapie mache.
Nicht nur physisch mache Rebecca Fortschritte, sondern auch psychisch, sagt ihr Vater, der auch Mental Coach ist. Auf ihren Wunsch hin hätten sie das Vorgefallene besprochen. Sie spreche schon sehr gefasst darüber. «Ich habe ihr gleich versichert, dass ich niemals zulassen werde, dass so etwas noch mal passiert.»
Hundebesitzer hat sich gemeldet
Der Hundebesitzer, der in Italien lebt, habe sich telefonisch gemeldet und sich über den Gesundheitszustand von Rebecca erkundigt. Zudem habe er den Vater des Opfers gebeten, den Tierärzten gegenüber zu bestätigen, dass sein Hund nicht mit böser Absicht auf das Mädchen zugegangen sei, sondern spielerisch. Denn wäre er wirklich aggressiv gewesen, hätte der Hund laut dem Besitzer das Kind getötet. «Solche Aussagen zeigen, dass der Besitzer nicht verantwortungsbewusst ist. Ihm ist die Gefahr, die von seinem Hund ausgeht, bewusst und trotzdem geht er nicht richtig damit um», sagt Fausto D.
Trotzdem hegt der 39-jährige Vater keine Rachegedanken – weder dem Hund noch dem Halter gegenüber: «Der Besitzer büsst jetzt schon für das Vorgefallene.» Sowohl beim Vorfall als auch am Telefon habe er schockiert gewirkt. Sowieso bringe es nichts, wenn der Hundebesitzer einfach eine Busse erhalte oder ins Gefängnis müsse. «Er sollte erst wieder – wenn überhaupt – einen Hund halten können, wenn er sich auch mit der nötigen Kompetenz ausweisen kann.» Der tragische Vorfall solle jetzt im besten Fall alle Hundehalter wachrütteln, die sich weigern, ihren Hund an die Leine zu nehmen, selbst dann, wenn man sie darum bittet.
Italien entscheidet über Hund, Schweiz über Halter
Eine Strafe hat der Hundebesitzer aber jetzt schon erhalten: Sein American Staffordshire Terrier ist laut der Tessiner Staatsanwaltschaft vor zwei Tagen von den italienischen Behörden beschlagnahmt worden. Mario Orsola, Leiter des italienischen Veterinäramts Nord, bestätigt 20 Minuten, dass der Hund zurzeit im staatlichen Hundeheim der italienischen Provinz Varese in Laveno-Mombello ist. «Der Hund wird zehn Tage unter Beobachtung stehen, um eine Tollwuterkrankung auszuschliessen.» Dann werde das Tier auch auf Verhaltensstörungen untersucht. «Fachleute werden abschätzen, ob der Hund wenn nötig umerzogen werden kann.»
Aus dem Umfeld der Zuständigen heisst es, der Hund habe sich bis jetzt sehr brav verhalten. Martina Zanuso, Verantwortliche des staatlichen Hundeheims, sagt zudem: «Der Hund ist wegen des fremden Umfelds im Moment noch sehr ängstlich.» Die nächsten Tagen würden zeigen, ob etwas mit dem Tier nicht stimmen sollte.
Eingeschläfert wird fast nie
«Wir überprüfen auch das Umfeld und den Halter des Tieres», sagt der Verantwortliche Orsola. Nur in sehr seltenen Fällen, also wenn eine bewiesene Gefährlichkeit und keine Chance bestehe, das Tier umzuerziehen, werde das Tier eingeschläfert. «Ich kann mich nicht daran erinnern, wenn dies das letzte Mal geschehen ist.» Auch im Fall des American Staffordshire Terriers sei die Todesspritze sehr unwahrscheinlich.
Was die Strafe für den italienischen Hundehalter angeht, werden die Schweizer Behörden den Fall beurteilen. «Wir warten noch auf die Polizeirapporte» sagt Saverio Snider, Sprecher der Tessiner Staatsanwaltschaft. Der Halter könnte zum Beispiel wegen Fahrlässigkeit angeklagt werden.
*Namen der Redaktion bekannt
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