angeregt durch die Themen „Moderne Hundeerziehung im Blickpunkt“ und „Was muss ein Hund abkönnen von Fremden?“ sind mir einige wirre Gedanken gekommen, die ich gern mit euch teilen würde.

Die grundlegende Frage könnt ihr aus der Überschrift entnehmen: Wie viel Hund darf noch sein?
Wenn man sich umschaut, dann:
- dürfen Hunde keinerlei Aggressionen mehr zeigen
Wieso darf ein Hund nicht auf die Idee kommen etwas zu verteidigen? Wieso darf er nicht mal SICH verteidigen wollen? Wieso darf ein Hund auf Frust nicht mit Wut und Aggression reagieren – wo wir Menschen es doch nicht mal schaffen, uns immer unter Kontrolle zu haben? Wieso darf ein Hund nicht deutlicher oder auch mal körperlich in der Interaktion mit anderen Hunden werden? Wieso wird verwundert geschaut, wenn ein Hund „nach vorn geht“, weil er sich vor bspw. einem Auto erschrocken hat – scheut ein Pferd, dann ist das quasi normal.
- sollen Hunde am besten Jedem um den Hals fallen
Wer ist auf die Idee gekommen, dass sich alle gern haben müssen? Wieso muss ein Hund es toll finden, wenn da Jemand in „sein Revier“ eindringt? Wieso wird erwartet, dass sich jedes Tier benimmt wie ein lebendiges Plüschtier? Sich betatschen lässt von Menschen, die so viel Gefühl für Hunde/Tiere haben, wie ein Stück Rinde?
- ist der Wunschhund ein Spielpartner für die Kinder, Frauchens Beschützer und Herrchens Sportkamerad in einem
Die Anforderungen, die manch Hundehalter an seinen Hund stellt, sind meiner Meinung nach enorm hoch – oft auch gar nicht miteinander kombinierbar. Da soll der Hund aufpassen, aber ja nicht auf die Idee kommen, etwas zu verteidigen oder zu bellen. Reaktionsschnell sein und unermüdlich – aber vorsichtig mit den Kindern spielen, soll er auch. Außerdem natürlich ruhig unter dem Restauranttisch liegen und locker durch die Stadt traben. Dass ein Hund dabei enorm viele Reize in kurzer Zeit verarbeiten muss, bedenkt wohl kaum jemand.
- darf ein Hund nicht auf die Idee kommen zu jagen
Wieso ist ein Hundehalter überrascht, wenn sein Hund etwas hetzen will – oder Spuren verfolgt? Ist es doch völlig natürlich, dass ein Beutegreifer Beute machen will. Und da schließe ich auch Jogger, Radfahrer, Züge, Autos und was es noch alles gibt, mit ein.
Da gibt es sicher noch einiges - aber dafür seid ihr dann zuständig.

Bin ich mit den Hunden unterwegs, darf sie nicht Jeder angrabbeln, da darf Struppi nicht mal "schön spielen" wollen und die kleine Mia darf auch nicht in den Augen rumpulen und wird schon einige Meter vor uns darauf hingewiesen, dass sie sich umsonst auf den Hund freut. Ich ernte: Kopfschütteln, böse Blicke (wenn Blicke töten könnten!), mitfühlende Blicke ("tut mir leid, ist sicher nicht leicht, mit SO einem Hund"), Hinweise zu Ultra-Super-Trainern (für welches Problem gleich?) und - meine liebste Reaktion - Ignoranz.

MIR ist das relativ egal, ich mache mir nicht viel aus Hundewiesen-Plausch - aber wie kommt das? Medien? Politik? "Moderne Gesellschaft"?
Natürlich ist mir klar, dass ein Hund nicht jedes Vieh hetzen darf und nicht jeden Nachbarn zerfleischen kann - aber WIESO trifft es auf völliges Unverständnis (auch unter Hundehaltern!), wenn ein Hund doch so "normal geartet" ist und man gegebenfalls stärker an dem "Problem" arbeiten muss?
Wieso muss ich überhaupt alles wegtherapieren? Reicht es nicht, wenn ich den Hund vernünftig führen kann?
Ich bin gespannt.
