Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Caniden ticken anders als Primaten

Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beitragvon chino » 02.06.2014, 05:28

Hallo,

Nina hat wieder mal einen Artikel geschrieben, den ich sehr treffend finde:

Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

LG
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Re: Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beitragvon Getier » 02.06.2014, 06:09

Habe ich auch schon entdeckt und für sehr gut befunden. Ich schreib später noch mehr dazu.
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Re: Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beitragvon Getier » 02.06.2014, 21:56

Jetzt aber!

Wie kann es passieren, dass Selbst- und Fremdwahrnehmung derart weit auseinander liegen?

Frage ich mich auch oft. Die Antworten finden sich im Artikel wieder. 95% der Hundehalter wollen bzw. setzen einen unkomplizierten, superduper anpassungsfähigen Allrounder-Hund im hübschen Haarkleid, je nach Geschmack, einfach voraus. Es wird einem auch überall vorgegaukelt, dass man die Hunde ja nur gut genug beschäftigen muss, damit die Hunde kein "Problemverhalten" zeigen - dass dieses Verhalten für diesen oder jenen Hund völlig NORMAL ist, wird dabei nicht bedacht. Sagt man mal etwas dazu, ist man nur selbst nicht fähig, einen Hund richtig zu erziehen, sozialisieren, gegenkonditionieren oder weiß der Geier was.

Das "schwierige" an vielen Rassen ist eben nicht, ihnen einen Job zu geben, sondern mit den Eigenschaften die für den ursprünglichen Job nötig sind, auch im Alltag zurecht zu kommen. Auch ein müder Jagdhund jagt und auch ein müder Wachhund passt auf! DAS ist doch gerade das, was diese Hunde ausmacht.
Aber man hat ja auch "was geschafft", wenn man den einzigen treu-doofen Mali besitzt oder einen Jack Russell Terrier ohne Jagdtrieb, einen Aussie als Therapiehund, etc. man fühlt sich stolz und kriegt zu hören, was für eine Leistung man erbracht hat und wird als Beispiel dafür genommen, dass es eben DOCH geht, wenn man nur weiß wie - alle anderen, mit Hunden die nicht "aus der Art geschlagen" sind, könnens halt einfach nicht.

Bewegt man sich in Kreisen mit ähnlichen Hunden (Gebrauchshundeplatz, Retrievertreff, Teckelclub...), wissen die Leute oft um die Eigenheiten und Besonderheiten der jeweiligen Hunde - und es wird müde gelächelt, wenn ein "Frischling" dazu kommt und sich darüber beschwert, wie dickköpfig der Dackel ist oder wie nervig der Malinois. Warum genau dieses Selbstverständnis nicht in die Gesellschaft befördert wird?! Keine Ahnung.
Aber mit dem Verständnis hört es auch oft schon auf, wenn verschiedene "Spezies Hundehalter" aufeinander treffen.

Natürlich sollte man an Problemen auch arbeiten. Sie aber zu beseitigen ist nicht immer möglich. Sie händelbar zu machen, sollte eher die Devise sein.

Sehe ich auch so - musste ich aber auch erst lernen :d . Darf man aber auch niemanden sagen, weil man ja "die Gefühle des Hundes nicht verändert" und der Hund so massiv Stress hat/irgendwann explodiert/sein Karma aus dem Gleichgewicht gerät... etc.

Mein Hund zwang mich nun dazu mich mit ihm und seinem Wesen auseinanderzusetzen. Und jeder Hund der neu dazu kommt, bringt mich wieder an eine neue Grenze. Die zu erkennen, auszuloten, sich auszuprobieren und mit dem Hund schließlich zusammenzuwachsen, ist immer wieder eine großartige Erfahrung.

Ich wusste schon einiges, theoretisches, im Umgang mit Hunden, als ich ESsi bekam. Na ja - Theorie und Praxis, winzige Kleinigkeiten, die man in der Theorie nicht bedacht hat, usw. Das ES hat mich vor allem eins gelehrt: Für jeden Hund die passende Methode - man muss auch mal über seinen Schatten springen.

Es ist dabei immer wichtig seine eigenen Grenzen zu erkennen. Es ist KEIN Armutszeugnis, wenn man einen schlechten Tag hat und man dann gewissen Situationen aus dem Weg geht. Es ist kein Armutszeugnis, wenn der Hund sich mal daneben benimmt. Es ist ein Hund und kein Roboter – genauso wenig wie wir.

Finde ich auch ganz wichtig! Ein Mensch ist ein Mensch, auch ein Lebewesen. Genau wie der Hund - aber man fühlt sich ja auch irgendwie "schlecht", wenn man andere Leute durch einen bellenden Hund belästigt oder man argwöhnisch angeschaut wird, weil man die Straßenseite wechselt. Und man will Fifi ja auch nicht strafen, weil Seite X sagt, dass das ganz ganz böse ist und sowieso ist "nett" irgendwie angenehmer, Hund als Freund und so (es gibt natürlich auch die "ich Chef, du nix-Fraktion", aber die lasse ich mal aussen vor).

Ein toller Artikel, wirklich!
Ich könnte dazu noch ewig weiterschreiben, weil es einfach so unglaublich viele Beispiele aus dem Alltag gibt, die ich in den Zeilen wiederfinde. Ich glaube, es wird mir jeder glauben, wenn ich sage, ich habe ganz unterschiedliche Persönlichkeiten hier sitzen. :d Und so müssen sie auch behandelt werden, jeder auf seine eigene Art.

Quelle: http://www.planethund.com/hundewissen/hundeerziehung-zwischen-wunsch-und-wirklichkeit-0106.html
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Re: Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beitragvon Emma » 03.06.2014, 08:22

Getier hat geschrieben:Aber man hat ja auch "was geschafft", wenn man den einzigen treu-doofen Mali besitzt oder einen Jack Russell Terrier ohne Jagdtrieb. ..


Die Vorstellung find ich ja gruselig und frage mich WARUM man aus den Hunden was anderes machen will. Es gibt so viele Rassen, da muss man sich eben mal informieren.

Informieren.... Das ist leider immer das was fehlt....

Getier hat geschrieben:Bewegt man sich in Kreisen mit ähnlichen Hunden (Gebrauchshundeplatz, Retrievertreff, Teckelclub...), wissen die Leute oft um die Eigenheiten und Besonderheiten der jeweiligen Hunde - und es wird müde gelächelt, wenn ein "Frischling" dazu kommt und sich darüber beschwert, wie dickköpfig der Dackel ist oder wie nervig der Malinois. Warum genau dieses Selbstverständnis nicht in die Gesellschaft befördert wird?! Keine Ahnung.
Aber mit dem Verständnis hört es auch oft schon auf, wenn verschiedene "Spezies Hundehalter" aufeinander treffen.


Was meint ihr wie froh ich war mal auf einem HuPla zu kommen mit Gebrauchshunden. Erst hab ich mich entschuldigt, da Einstein ja viel erzählt und alles mit brummeln und jappeln alles kommentiert. Dann wurde ich ausgelacht :d
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Re: Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beitragvon chino » 03.06.2014, 08:46

Emma hat geschrieben:Informieren.... Das ist leider immer das was fehlt....

Ich habe den Artikel mit Sicherheit schon an anderer Stelle mal zitiert, aber er passt einfach so großartig zur Problematik "Erst informieren, dann kaufen", dass ich es nicht lassen kann:

Die Dolce-Gusto-Nothilfe

Dicht dahinter kommen dann die SUV-Vorstadthausfrauen, die dir im Brustton der Überzeugung erklären, ihre Labbitonne/GR wäre doch kein Jagdhund ... :facepalm:
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Re: Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beitragvon gabi » 03.06.2014, 09:53

Also wenn man keine Ahnung hat, ist die Sache mit der Information auch so eine Sache...........

Mein Sohn kam vor 4 Jahren mit der Idee, einen Aussie zu kaufen
Sein Kumpel hatte einen - toller Hund. Wenn einer in den Garten kommt, macht der riesen Trara, kommt angerannt, ist aber freundlich zu jedem. Wenn Frauchen sagt, jetzt gehen wir raus, holt der seine Leine, überhaupt scheint der genau zu verstehen, was seine Leute so sagen, sehr gelehrig - einfach toll :d

Ich kannte die RAsse gar nicht, also das www. befragt, erstmal Bilder gucken, ok - optisch nen black-tri - super, gefällt mir, also weiter gesucht
verschiedene Züchter haben Infos auf ihren Seiten -
netter Familienhund, wenn man ihn denn bissl beschäftigt,
gut für Kinder geeignet - super, Kids sind ja immer hier
nicht für Zwinger geeignet - sollte er ja nicht, guter Wachhund - gut, wir wohnen in einem freistehenden Einfamilienhaus.
Please to will - HÄ??? heißt, er will seinem Halter immer gefallen, er achtet auf dich und versucht alles richtig zu machen - klasse
leicht zu erziehen - toll
lernt schnell und viel - auch blödsinn, also sollte man konsequent sein - gut, bin ich

nach diesen Erklärungen war das DER Hund für mich/uns
Nichts stand da von oft hypernervösen schnell aufdrehenden Aussies, nichts vom Dickkopf, vom selber entscheidenden total selbständigen Hund, diese Seiten und Hinweise hab ich erst gefunden, als ich Schwierigkeiten mit dem ach so leicht zu erziehenden Hund hatte, wenn man dann nämlich mal die Probleme eingibt, dann stößt man erstaunlich häufig auch auf Aussies................

Inzwischen haben einige der züchter, deren Seiten ich damals studiert habe, auch entsprechende Hinweise in ihrer Rassebeschreibung, scheinbar gab es doch zu viele Beschwerden.............

Nach den o.g. Beschreibungen war ich der Meinung, ich hätte nen Hund, dem ich einmal was "erkläre" der kapiert das sofort für die Ewigkeit :d
Ich musste meine Erwartungen ganz schön runterschrauben und natürlich auch umdenken, was mir immerhin trotz meines fortgeschrittenen Alters gelungen ist, wir kommen inzwischen ganz gut miteinander klar, allerdings nur Hund und ich - auf alle anderen hört er kaum, aber wenn einer ruft: Gaaaaaaaaaaaaabi bring mal deinen Hund zur Raison - dann flitzt er schon :xlol:
Liebe Grüße aus Berlin
Gabi
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Re: Hundeerziehung zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Beitragvon Xafira » 07.06.2014, 07:41

Aber man hat ja auch "was geschafft", wenn man den einzigen treu-doofen Mali besitzt oder einen Jack Russell Terrier ohne Jagdtrieb, einen Aussie als Therapiehund, etc. man fühlt sich stolz und kriegt zu hören, was für eine Leistung man erbracht hat und wird als Beispiel dafür genommen, dass es eben DOCH geht, wenn man nur weiß wie - alle anderen, mit Hunden die nicht "aus der Art geschlagen" sind, könnens halt einfach nicht.


Und wie groß ist dann die Enttäuschung, wenn der Nachfolger dieses "Superhundes" mehr dem eigentlichen Standard entspricht und sich so gänzlich anders zeigt.

Das Problem der heutigen Zeit ist, dass man als Hundehalter ständig im Fokus steht - Politiker, Nachbarn, Pseudo-Tierschützer - sie alle haben den Hundehalter im Blick und wehe der Hund entspricht mal nicht dem Gänseblümchenschema. Dann kommt es zu Auflagen und zu Strafen, man liest sich selbst in der Presse oder der Hund wird abgegeben, weil man keine weiteren Zwischenfälle riskieren möchte.

Andere Leute verstehen nicht, dass es Hunde gibt, die von Artgenossen nichts wissen möchten, dass es Hunde gibt, die man eben nicht einfach so mal abgrabbeln kann - der MUSS das abkönnen. Aha, muss er das? Und warum?

Ich sehe es wie Nina, der Hund kann soll und darf seine Eigenheiten und Besonderheiten haben, er muss nur abrufbar bzw. kontrollierbar sein - und das wiederum, das ist Trainings- und Managementsache.

Meine Hunde benehmen sich im Auto wie Satan höchstpersönlich, wenn sich jemand dem Auto nähert. Wie oft hörte ich auf dem alten Hundeplatz: Das geht so nicht, das musst du abstellen.
Hm, mhm, und warum muss ich das abstellen? Ihr Auto - recht haben sie.
Natürlich nervt es mich auch manchmal, gerade wenn ich nur kurz in ein Geschäft laufe, um ein paar Dinge zu holen und man die Hunde meilenweit jeden Passanten kommentieren hört. Natürlich nervt es mich auch, dass ich mein Auto nicht einfach auf den nächsten freien Parkplatz stellen kann sondern immer einen etwas abgelegeneren leeren Parkplatz (bevorzugt mit Mauer, Zaun oder Gebüsch hinter dem Auto) suchen darf, um dort dann rückwärts einzuparken und die Hunde so abzuschirmen. Aber was solls, das lässt sich doch regeln.

Die Hündin zieht an der Leine - ja, soll sie doch - sie läuft ohnehin meistens ohne.

Von perfekt sind meine Hunde weit entfernt und noch viel weiter sind sie von dem Bild entfernt, dass viele sich unter einem Hund und der Hundehaltung vorstellen. Für mich allerdings sind sie perfekt. :<3:

Meine Hunde sind wie sie sind - und ich schäme mich für keinen einzigen und ich rechtfertige auch keine ihrer Verhaltensweisen. Sollen andere doch denken was sie wollen, wenn sie keine anderen Probleme haben, dann können sie sich gern über meine Hunde und mich den Kopf zerbrechen. :d
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