Streit um Tierarztrechnung: Freispruch für Hundehalter
Ohne Notoperation hätte Hundedame Bärbel den Krebs wohl nicht überstanden. Die Rechnung für den chirurgischen Eingriff konnte ihr Halter allerdings nicht bezahlen. Der behandelnde Tierarzt klagte - erfolglos.
Staffordshire-Terrier-Dame Bärbel war schwer krank, das sah Tierarzt Timo B. (41, alle Namen geändert) auf einen Blick. Der elf Jahre alte Hund litt an einem Krebsgeschwür der Brustdrüse, die noch dazu entzündet und schmerzhaft für das Tier war. „Es bestand Handlungsbedarf“, begründete der Tierarzt den damals notwendigen Eingriff. Hundehalter Dieter S. (46) war mit der Notoperation sofort einverstanden, wenngleich er den Arzt darauf hinwies, dass er knapp bei Kasse sei und Probleme habe, das Arzthonorar zu begleichen. Zwei Monate später erhielt er die Rechnung über 611,02 Euro und zahlte nicht – wie angekündigt. Ein halbes Jahr darauf kam Post vom Gericht.
Wegen Betruges sollte der bisher nicht vorbestrafte Hundebesitzer per Strafbefehl 400 Euro Strafe (40 Tagessätze zu je zehn Euro) zahlen. Dieter S. erhob Einspruch, weil er der Meinung war, er habe den Arzt nicht betrogen, ihn vielmehr darüber aufgeklärt, dass er die Rechnung nicht zahlen könne. Der Veterinärmediziner bestätigte dies mehr oder weniger als Zeuge im Gerichtssaal. Er arbeite in einer Großpraxis mit 17 Angestellten, betreue zwei Tierheime, und es komme immer mal wieder vor, dass Tierhalter die Rechnung nicht auf einen Schlag bezahlen könnten, beschrieb er seinen Arbeitsalltag. Er biete dann Ratenzahlung an, sei oft schon froh, wenn monatlich fünf oder zehn Euro gezahlt würden: „Hauptsache, es wird überhaupt etwas überwiesen.“ Wenn allerdings von der anderen Seite keinerlei Reaktion erfolge – so wie im Fall Dieter S. – dann würden deutlichere Maßnahmen erfolgen.
Bärbel überstand Notoperation
Dass bei Dieter S. damals genauso verfahren worden sei, könne gut möglich sein. Jedenfalls sei dessen finanzielle Misere kein Grund gewesen, den leidenden Hund nicht zu behandeln. Mit anderen Worten: Der Hundehalter hatte nicht – wie es der Gesetzestext bei Betrug vorsieht – vorsätzlich gehandelt und getäuscht, sondern den Arzt über seine finanzielle Situation aufgeklärt und war damit strafrechtlich aus dem Schneider.
„Wenn man nur die Rechnung nicht zahlt, ist das allein nicht strafbar“, begründete der Amtsrichter den daraufhin zwingend erforderlichen Freispruch. Immerhin habe Dieter S. keinen Hehl daraus gemacht, nicht zahlen zu können. Den Freispruch hatte zuvor auch die Staatsanwältin beantragt. Fest steht nun, dass Dieter S. bis heute keinen Cent der Rechnung beglichen hat. Bleibt dem Tierarzt nur übrig, auf zivilrechtlichem Wege an sein Geld zu kommen. Hundedame Bärbel hatte die OP damals zwar gut überstanden, war ein Jahr später dann an Altersschwäche gestorben.
Quelle
Ob das Verhalten des Halters nun rechtens ist oder nicht: ich hätte wenigstens versucht, die Rechnung abzustottern.
