Ein Mädchen wird von einem Hund entstellt, ein paar Tage zuvor fiel ein Dobermann einen Mann und dessen Sohn an. Jetzt wollen Politiker endlich ein nationales Hundegesetz.
Die fünfjährige R.* wurde am Donnerstagnachmittag im Tessin von einem amerikanischen Staffordshire Terrier angegriffen. Der acht Monate alte Hund biss ihr ins Gesicht, verletzte sie schwer.
Nur einen Tag zuvor war es zu einem anderen schweren Vorfall gekommen, wie «Il Caffé» berichtet. Ein Mann und sein Sohn befanden sich auf einer Velotour in Magadino TI, als ein angeleinter Dobermann den Sohn ins Gesäss biss. Der Hundehalter nahm offenbar Reissaus und wurde vom Vater verfolgt. Als er den Mann aufhalten wollte, biss der Hund den Vater in die Genitalien.
Trotz der Schreie des Verletzten sei der Halter mit seinem Hund davongelaufen. Die Kantonspolizei Tessin bestätigte den Vorfall gegenüber 20 Minuten und teilte mit, dass man immer noch nach dem Hundebesitzer fahnde. Der Sohn werde noch ärztlich behandelt, während der Vater nur leichte Verletzungen davongetragen habe, wie dessen Frau mitteilte.
Matthias Aebischer: «Ein Flickenteppich»
CVP-Nationalrätin Kathy Riklin kündigte im «SonntagsBlick» an, ein nationales Hundegesetz wieder auf das politische Parkett zu bringen. Sie werde das Thema in der nächsten Sitzung der zuständigen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) einbringen.
Diese Kommission wird von SP-Nationalrat Matthias Aebischer präsidiert. Er sagt: «Ich begrüsse es, die Diskussion über ein nationales Hundegesetz in der Kommission noch einmal aufzunehmen.» Von Kanton zu Kanton bestünden zu unterschiedliche Regelungen: «In einigen Kantonen ist alles erlaubt, in anderen hingegen sind einzelne Rassen strikt verboten – dieser Flickenteppich ist nicht zielführend.»
«Auch ein Golden Retriever kann zubeissen»
Die in jedem Kanton unterschiedlichen Regelungen seien eine «unmögliche Sache», sagt der Präsident der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG), Peter Rub: «Wenn Sie mit einem Hund von Genf nach Romanshorn fahren, müssen Sie zehn verschiedene Gesetze gelesen haben, um sich richtig zu verhalten.»
Rub sieht das Gesetz des Kanton Berns als Vorbild. Dieses habe die Regel «sehr vernünftig» umgesetzt. «Eine generelle Leinenpflicht sowie ein Rassenverbot ist für uns aber kein Thema.» Dem stimmt Hundetrainerin Belinda Brunner zu. Ein Rassenverbot sei «nicht umsetzbar», da bei Mischlingshunden die Ursprünge äusserlich oft nicht mehr festgestellt werden könnten. Hinzu komme: «Auch ein Golden Retriever kann zubeissen.»
In Kursen den Umgang mit Hunden lernen
Rita Eppler, Vorstandsmitglied im Zürcher Hundeverband, sagt: «Ein Blick auf die Beissstatistik beweist: Am meisten Bisse passieren bei denjenigen Hunden, die am meisten in der Schweiz vorkommen.» Mit der Rasse habe dies oft nichts zu tun – sondern mit falschem Verhalten der Menschen.
Eppler gibt mit dem Verein Prevent-a-bite Kurse an Kindergärten und Schulen, in denen Kinder das richtige Verhalten mit Hunden lernen. «Denn der Mensch verhält sich grundsätzlich falsch, wenn er Angst hat.»
Diese Prävention sollte in einem nationalen Hundegesetz verankert werden, regt Belinda Brunner an: «Kinder lernen schliesslich auch, wie sie sich im Strassenverkehr verhalten sollen – wieso also nicht auch den Umgang mit Hunden lernen?»
Ein nationales Hundegesetz wurde 2010 bereits abgeschmettert – warum sollte es jetzt Erfolg haben? Nationalrat Aebischer sagt: «Wenn wir einen Mittelweg finden und uns vorher gut absprechen, sehe ich gute Chancen.»
Neuer Anlauf für ein nationales Hundegesetz