Chinas neue Hundeliebe

Aktuelle Nachrichten rund um den Hund

Chinas neue Hundeliebe

Beitragvon chino » 01.06.2013, 09:08

Kuscheln statt Kochtopf – Chinas neue Hundeliebe

Wohlhabende Chinesen sind auf den Hund gekommen – und investieren viel Zeit und Geld in die Pflege ihrer neuen Haustiere. Für manchen Halter bedeutet sein Hund sogar eine Auflehnung gegen den Staat.

Gaogao freut sich, das ist unschwer zu erkennen. Der kleine Hund mit den braunen Locken springt auf der Stelle, dreht sich im Kreis und japst. Es soll jetzt endlich losgehen! "Ist ja gut, wir gehen ja gleich", sagt Annie Wu, eine junge Chinesin, und lacht.

Sie hat gerade Mittagspause und nutzt die Zeit, um ihren Hund am Suzhou-Fluss in Shanghai auszuführen. Ihr Pudel ist schon zwei Jahre alt, wachsen wird er nicht mehr. Er dient seiner Besitzerin vor allem zur Erheiterung – und als Modeaccessoire.

Annie Wu kleidet ihren Hund jeden Tag neu ein. Heute trägt Gaogao einen pinkfarbenen Pullover mit grauer Kapuze. "Das sieht doch süß aus", findet Annie Wu. Die 27-Jährige und ihr Hund wohnen in der größten Hochhaussiedlung der chinesischen Millionenmetropole.

Über 50.000 Menschen leben in "Brilliant City" am Ufer des Flusses. "Ich fühle mich nicht mehr so allein, seitdem ich Gaogao habe", sagt Annie Wu, "er ist für mich da und leistet mir Gesellschaft."

Allein in Peking sind 500.000 Hunde registriert

Annie Wu ist nicht die einzige Chinesin, die in Shanghai auf den Hund gekommen ist. In dem kleinen Park am Flussufer wimmelt es von kleinen Vierbeinern: Pudel, Dackel, Chow Chows; auch ein Rehpinscher in Jeans und Pulli ist darunter. Obwohl der Hund in vielen Provinzen Chinas, vor allem im Süden, noch immer im Kochtopf landet, wird er gleichzeitig mehr und mehr zum beliebten Haustier, gerade in reichen Städten wie Shanghai oder Beijing wächst die Zahl der Hunde.

Allein in der chinesischen Hauptstadt sind über 500.000 Hunde registriert, in Shanghai sind es noch mehr. Das freut westliche Hundefutterhersteller, die ihre Produkte nach China exportieren und sie dort teuer verkaufen. Doch die Hundeliebe hat auch Nachteile: Viele Hunde leben in kleinen, engen Hochhauswohnungen, ohne genügend Auslauf und Natur. Manche werden ausschließlich in der Wohnung gehalten; für einige chinesische Tierfreunde ist das ein Skandal.

"Es stimmt schon", sagt Annie Wu, die Besitzerin von Gaogao, "Shanghai ist nicht der beste Ort für einen Hund." Trotzdem will sie nicht darauf verzichten. Li Bai, eine ältere Dame, kann diese Bedenken nicht teilen. Die 65-Jährige lebt ebenfalls in der Hochhaussiedlung am Fluss und hält einen großen Pudel. Pipi heißt der Rüde, "frech" auf chinesisch.

"Pipi kommt genug raus", sagt die Rentnerin, "er braucht auch nicht so viel Bewegung." Sie schätzt vor allem die Intelligenz ihres Hundes. "Seine Anwesenheit macht meinen Alltag viel leichter", sagt Li Bai, die wie viele ältere Chinesen oft allein ist. "Pipi weiß genau, was ich denke." Der Pudel zu ihren Füßen nickt wie zur Bestätigung mit dem Kopf. "Schauen Sie mal, so schlau ist er."

Waschen, kämmen, Krallen schneiden

Pipi, so erzählt sie, bringt ihr die Hausschuhe und tippt an den Hundenapf, wenn er Hunger hat. "Ohne ihn kann ich es mir gar nicht mehr vorstellen", sagt Li Bai. Sie zahlt 500 Renminbi Hundesteuer im Jahr, etwa 63 Euro, und lässt ihren Hund regelmäßig impfen und waschen.

Obwohl auch Pipi ein T-Shirt trägt, geht der Hund ein Mal pro Woche zu "Chong ai Sheng huo" zur Hundepflege. Der kleine Laden liegt versteckt am Rande der Siedlung. Nico Wang, ein 22-jähriger Chinese, betreibt den Hundesalon zusammen mit einem Freund, bis zu 40 Hunde kommen am Wochenende zum Waschen und Krallen schneiden.

"Immer mehr Chinesen kaufen sich einen Hund", sagt der junge Mann, der seit fünf Jahren Hunde wäscht. Die Schönheitsbehandlung für einen kleinen Hund – waschen, Krallen schneiden, fönen, kämmen, parfümieren – kostet bei Nico Wang 50 Renminbi, etwa 6,30 Euro. Für einen großen Hund wie den Husky, der vor dem Salon in der Sonne liegt, werden 150 Renminbi fällig, rund 19 Euro.

Aber nicht alle Chinesen, die sich einen Hund zulegen, behalten diesen auch. Draußen vor der Tür des Hundesalons stehen zwei Käfige, in einem der beiden sitzen zwei braune Pudel. Nico Wang öffnet die Tür. Sofort schießen die Tiere aus dem Käfig, toben durch den Salon. "Die habe ich auf der Straße aufgesammelt", sagt Nico Wang mit sorgenvollem Gesicht.

Immer wieder werden hier im "Chong ai Sheng huo"-Salon Hunde abgegeben. "Viele Leute merken erst hinterher, wie viel Arbeit ein Hund ist", sagt Nico Wang. "In Shanghai gibt es einfach zu wenig Platz."

Vor allem große Hunde sind für das Leben in der 24-Millionen-Stadt nicht gemacht. Nico Wang findet es verantwortungslos, einen großen Hund zu halten und ihn in der Wohnung einzusperren. "Der wurde auch bei uns abgegeben", sagt Wang und zeigt auf den grauen Husky, der schon jetzt, bei 16 Grad Celsius, hechelt.

"Unter Tierliebe verstehe ich etwas anderes"

Mit dem dicken Fell wird der brütend heiße Sommer in Shanghai für das Tier zur Qual werden. "Das war den Eigentümern aber wohl egal", meint Nico Wang. Er schüttelt den Kopf. "Unter Tierliebe verstehe ich etwas anderes", sagt er. Neben den kleinen Modehunden sind große Hunde in China im Kommen – obwohl einige Städte wie Beijing die Haltung von Hunden, die größer als 35 Zentimeter sind, verbieten.

Der Trend hat einen US-Regisseur dazu veranlasst, einen Film über die Riesenhunde zu machen. "Oversized dogs" interpretiert die Liebe der Beijinger zu großen Hunden als neue Form der Auflehnung gegen den Staat. "Die Chinesen, die diese Hunde haben, brechen jeden Tag das Gesetz, eine sehr subtile und interessante Art des Dissens", zitiert das Magazin "The Atlantic" den Filmemacher.

Für manche Chinesen ist ein Hund trotzdem noch ein unerreichbarer Luxus. Vor dem "Elyes"-Laden für Hundezubehör in der Wuseng Road ganz in der Nähe des Volksplatzes in Shanghai fährt ein Bettler mit seinem Rollbrett umher. Er schaut nachdenklich in das große Schaufenster.

Dort stehen Pöttchen mit Cesar-Futter in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Hühnchen, Kartoffel und Rind. "Wir haben auch Futter aus Taiwan und Japan, falls Sie etwas Teureres wollen", sagt die Verkäuferin, auf Englisch. An der Wand stapelt sich Royal-Canin-Futter, für 220 Renminbi, über 28 Euro, pro Sack, hinten im Laden ist ein Hundewaschsalon untergebracht.

Nebenan betreibt Royal Canin eine Hundeklinik, sie ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Ein schwerer Geländewagen hält vor der Tür. Eine stark geschminkte Chinesin steigt aus, sie führt einen jungen Labrador. Der Bettler schaut ihr hinterher. Er schüttelt den Kopf.

Quelle


Aus unserer westeuropäischen Sicht ist es zwar schön, dass der Hund jetzt vermehrt auf der Couch landet anstatt im Kochtopf.
Aber Hundehaltung als regimekritisches Statement? :? :roll:

LG
Andrea
Hundetrainer? Wir brauchen einen EXORZISTEN!
Benutzeravatar
chino
Moderatorin
 
Beiträge: 1660
Registriert: 09.05.2013, 22:24
Wohnort: NÖ West

Hundehalter seit: 15. Mai 2012
Anzahl der Hunde: 1
Rassen: Flat Coated Retriever X Neufundländer

Re: Chinas neue Hundeliebe

Beitragvon Xafira » 02.06.2013, 12:45

Vor allem scheint die Hundehaltung gleich ins Extrem zu rutschen - USA als Vorbild oder so... :?
Perfect Human are so perfect inhuman
Benutzeravatar
Xafira
Malinoid
 
Beiträge: 1402
Registriert: 10.05.2013, 05:54

Anzahl der Hunde: 5
Rassen: Malinois, Malinois-Mix

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 4 Gäste

cron