Ein bisschen Futtermittelrecht - die Ausnahmen

Verordnungen und Gesetze zur Hundehaltung

Ein bisschen Futtermittelrecht - die Ausnahmen

Beitragvon Dieter » 02.06.2013, 21:31

In "Ein bischen Futtermittelrecht - die Grundlagen" habe ich auf die grundlegende Vorschrift der EU-Verordnung 1774/2002 hingewiesen und erläutert, dass danach nur Material der Klasse 3 zu Heimtierfutter verarbeitet werden darf.
Es sind dies Fleisch und tierische Nebenprodukte, die von gesunden Tieren stammen, die zum menschlichen Verzehr geschlachtet wurden.

Das gilt grundsätzlich auch heute noch, allerdings bestehen mittlerweile leichte Abweichungen, wenn man sich die
EG-Verordnung Nr. 1069/2009 genauer anschaut.

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 033:DE:PDF

Dort gibt es den Artikel 35, der lautet:

Artikel 35
Inverkehrbringen von Heimtierfutter
Die Unternehmer können Heimtierfutter in Verkehr bringen, sofern
a)
die Produkte aus Folgendem gewonnen wurden:
i)
aus Material der Kategorie 3, wenn es sich um anderes als das in Artikel 10 Buchstaben n, o und p genannte Material handelt;
ii)
im Falle von eingeführtem Heimtierfutter oder Heimtierfutter
aus eingeführten Materialien, aus Material der Kategorie 1 im Sinne von Artikel 8 Buchstabe c, vorbehaltlich
der Bedingungen gemäß Artikel 40 Absatz 1 Buchstabe a oder
iii)
im Falle von rohem Heimtierfutter aus Material im Sinne von Artikel 10 Buchstaben a und b Ziffern i und ii; und
b)
sie die Kontrolle der Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier durch eine sichere Behandlung gemäß Artikel 38 sicherstellen, sofern die Herkunftssicherung gemäß Artikel
37 keine ausreichende Kontrolle bietet.

Aha, sagt man beim Lesen, Material der Kat. 3, alles in Ordnung :) .

Wie, sagt man beim Weiterlesen, bei eingeführtem (also aus anderen Staaten) Material ist doch wieder das Zeugs der Kat. 1 zulässig (siehe Art. 35 a ii) :?

Hä, sagt man beim weiteren Weiterlesen, bei rohem Heimtierfutter ist Material i.S. von Art. 10 a und b i sowie ii zulässig :?

Aha, sagt man bei noch weiterem Weiterlesen, da muss dann was kontrolliert werden (Art. 35 b).

Booaah, denkt man, was ein Scheiss, verwirrt bin :?

Ok. dröseln wir mal auf:

Bei eingeführtem Material ist solches aus Kat. 1 im Sinne von Art. 8 c zulässig. Art. 8 c sagt:

c)
tierische Nebenprodukte von Tieren, die einer illegalen Behandlung gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Richtlinie
96/22/EG oder Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 96/23/EG unterzogen wurden;

Aha, illegale Behandlung. Soso. Was´n das? Richtlinie 96/22 und 96/23 geben Aufschluss:

Richtlinie 96/22 Art. 1 Abs. 2 Buchstabe d:

http://www.bfr.bund.de/cm/343/96_22_eg.pdf

In Art. 1 Abs. 2 d geht es um die Verwendung nicht zugelassener Stoffe oder Erzeugnisse, das ist dann eine "vorschriftswidrige Behandlung" von Tieren

Richtlinie 96/23 Art. 2 Buchstabe b:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 101:DE:PDF

Aha, im Grunde die gleiche Regelung wie in Richtlinie Nr. 96/22

Da war doch noch was bei rohem Heimtierfutter? Ja, siehe oben, Material nach Art. 10 a und b i sowie ii der EG-VO Nr. 1069/2009:

Artikel 10 - Material der Kategorie 3
......

b)
Schlachtkörper und folgende Teile, die entweder von Tieren stammen, die in einem Schlachthof geschlachtet und nach einer Schlachttieruntersuchung als zum menschlichen Verzehr
schlachttauglich eingestuft wurden oder ganze Körper und die folgenden Tierteile, die von Wild stammen, das gemäß den Gemeinschaftsvorschriften zum menschlichen Verzehr getötet wurde:
i)
Schlachtkörper oder ganze Körper und Teile von Tieren, die gemäß den Gemeinschaftsvorschriften als genussuntauglich
zurückgewiesen wurden, jedoch keine Anzeichen
von auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheiten aufwiesen;
ii)
Geflügelköpfe;

Aha, sagt man, als genussuntauglich zurückgewiesene Tiere, jedoch keine Anzeichen von übertragbaren Krankheiten aufweisen und Geflügelköpfe.

Da war doch noch was mit Kontrolle? Jep, in Art. 35 Ziffer b

b)
sie die Kontrolle der Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier durch eine sichere Behandlung gemäß Artikel 38 sicherstellen, sofern die Herkunftssicherung gemäß Artikel
37 keine ausreichende Kontrolle bietet.

Art. 37 und 38 sind oben in der Gesamtvorschrift nachlesbar.

Das heißt in der Kurzform und auf Deutsch:

In (verarbeitetem) Hundefutter darf auch Material der Kat. 1 verarbeitet werden, wenn

- es eingeführt wurde und
- das Material von Tieren stammt, die mit unerlaubten Hilfsmitteln (Masthilfen, Hormonen) oder Futter behandelt wurden

In rohem (egal, ob eingeführt oder heimisch) Heimtierfutter (z.B. aus Barfshops) darf Fleisch von Tieren enthalten sein, die

- als für den menschlichen Verzehr genussuntauglich zurückgewiesen wurden, aber
- keine Anzeichen von übertragbaren Krankheiten aufwiesen.

Der ganze Kram muss zwar kontrolliert werden, aber grundsätzlich ist das alles erstmal zulässig.

Ich persönlich habe ja tiefes Vertrauen - sozusagen Urvertrauen - in die umfassenden Kontrollen, die so in den einzelnen EU-Staaten vorgenommen werden :d
Viele Grüße
Dieter

Erwachsensein? Ich mach ja viel Scheiß mit - aber nicht jeden!
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Re: Ein bisschen Futtermittelrecht - die Ausnahmen

Beitragvon gabi » 03.06.2013, 07:08

Dieter hat geschrieben:Der ganze Kram muss zwar kontrolliert werden, aber grundsätzlich ist das alles erstmal zulässig.

Ich persönlich habe ja tiefes Vertrauen - sozusagen Urvertrauen - in die umfassenden Kontrollen, die so in den einzelnen EU-Staaten vorgenommen werden :d


Und ich persönlich habe beschlossen, dass ich das alles nicht so genau wissen will und auf meinen Futtermittelladen vertraue :beer:
Zuletzt geändert von Xafira am 13.06.2013, 10:40, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Zitat modifiziert
Liebe Grüße aus Berlin
Gabi
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