Tod nach Hundebiss

Allgemeine Fragen zur Hundehaltung sowie zu Haftpflicht- und Krankenversicherungen, Hundesteuer etc.

Tod nach Hundebiss

Beitragvon chino » 27.04.2014, 09:15

Ein rätselhafter Patient: Tod nach Hundebiss
Beim Versuch, seinen Hund zu baden, wird ein 45-Jähriger in Hände und Unterarme gebissen. Drei Tage später muss er mit Übelkeit und starken Schmerzen ins Krankenhaus, seine Haut verfärbt sich. Gibt es einen Zusammenhang?

Einem 45-Jährigen ist übel, er hat Schmerzen und erbricht, außerdem fällt eine Hautverfärbung auf; er kommt in eine Klinik. Der Mann berichtet von Atembeschwerden wie bei Asthma und extrem starken Rückenschmerzen auf der rechten Seite. Tatsächlich ist sein Puls mit 125 Schlägen in der Minute erhöht und er atmet mit 35 Zügen in der Minute deutlich zu schnell. Den Ärzten fallen die trockenen Schleimhäute und die trockene Haut des Patienten auf, außerdem hat er punktförmige Wunden an seinen Armen und Händen. Sie behandeln seine Beschwerden mit Asthma-, Übelkeits- und Schmerzmitteln.

In einer Computertomografie (CT) finden die Mediziner keine Erklärung für das Erbrechen oder die Schmerzen. Sie stoßen auf eine kleine Milz, in der Knötchen sichtbar sind, und eine teilweise vergrößerte Leber. Doch schon kurz nach der CT fesselt ein anderes Symptom die Aufmerksamkeit der Ärzte: Die Haut wird fleckig und verfärbt sich bläulich.

Drei Tage zuvor war der Mann beim Versuch, seinen Hund zu baden, in Hände und Unterarme gebissen worden. Seine Frau hatte die Wunden mit Wasserstoffperoxid ausgewaschen, der Hund ist nach tierärztlichen Empfehlungen geimpft. Die Ärzte geben ihrem Patienten sicherheitshalber zwei Antibiotika und schicken ihn ins Massachusetts General Hospital in Boston, wo ihn Victor Chiappa und seine Kollegen behandeln.

Schmerzen wie von brennenden Nadelstichen

Der 45-Jährige leidet bei der Ankunft in der Klinik unter Schüttelfrost, in Armen und Beinen hat er Schmerzen wie von brennenden Nadelstichen, überhaupt tut ihm der ganze Körper weh. Seine Krankengeschichte ist lang: Asthma, eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Angst und Depression, Rückenschmerzen. Er ist Alkoholiker, trinkt täglich bis zu 18 Bier, nimmt Antidepressiva und Asthma-Medikamente, außerdem raucht er seit 30 Jahren täglich eine Schachtel Zigaretten, berichten Chiappa und seine Kollegen im "New England Journal of Medicine".

Die Hautverfärbung zieht sich mittlerweile über Arme und Beine, die Haut ist am Bauch und in den Flanken fleckig, Finger und Ohren werden blau. An einer frischen Wunde am rechten Unterarm verfärbt sie sich violett. In den Stunden nach der Aufnahme nehmen die Schmerzen weiter zu, die Atmung wird immer schneller, beim Abhören pfeift es in der Lunge. Der Patient wird zunehmend verwirrt und muss schließlich in Narkose gelegt und beatmet werden. Mittlerweile bekommt er eine Vielzahl von Antibiotika. In einer CT des Kopfes schließen die Ärzte eine Blutung oder einen Hirninfarkt aus, eine Röntgenaufnahme zeigt Flüssigkeit in der Lunge.

Am nächsten Tag hat der Mann hohes Fieber, die Temperatur steigt auf 39,6 Grad Celsius, der Ausschlag bedeckt nahezu den ganzen Körper. Die Ärzte beginnen mit der Dialyse, weil die Nieren versagen. In einer Ultraschalluntersuchung des Herzens fällt auf, dass der Herzmuskel sich nicht normal bewegt. Der rechte Arm wird zunehmend steif und blau, der Patient erhält Bluttransfusionen.

Schwacher Körper, starke Bakterien
Systematisch versuchen die Ärzte, Ursachen für das zunehmende Organversagen und den Schock des Patienten auszuschließen: Von Zecken übertragene Krankheiten, Lebensmittelinfektionen und eine schwer verlaufende bakterielle Infektion durch Meningokokken streichen sie von der Liste. Auch die gefürchtete nekrotisierende Fasziitis ist unwahrscheinlich, weil typische Symptome fehlen. Stattdessen konzentrieren sich die Mediziner auf die Hundebisse und suchen nach einem Erreger.

In Frage kommen nicht nur Bakterien aus dem Hundemaul, sondern auch auf der Haut lebende Stämme, die durch den Biss in die Wunde gelangt sein könnten. Ein Bakterium aus dem Hundemaul, das besonders von den Schwächen des Patienten profitieren könnte, erscheint am wahrscheinlichsten: Capnocytophaga canimorsus. Die Infektion verläuft bei Menschen ohne Milz, Alkoholikern und Abwehrgeschwächten besonders häufig schwer. Der plötzliche Krankheitsbeginn, die Hautverfärbung, die Blutvergiftung und Herzmuskelentzündungen sind für Patienten mit diesem seltenen Erreger beschrieben.

Die Sauerstoffversorgung schwindet
Auf der Intensivstation versuchen die Ärzte mit Antibiotika, den ungewöhnlichen Erreger auszuschalten. Allerdings versagt die Versorgung der Organe mit Sauerstoff zunehmend, auch die Blutgerinnung bereitet Probleme. In aufwendigen mikrobiologischen Untersuchungen gelingt schließlich der Nachweis, dass der Mann tatsächlich mit Capnocytophaga canimorus infiziert ist. Doch die Diagnose kommt zu spät.

In Armen und Beinen des Patienten versagt die Sauerstoffversorgung, Chirurgen versuchen, sein Leben zu retten, indem sie untergegangenes Gewebe entfernen, schließlich amputieren sie beide Arme - deren anschließende Untersuchung ergibt schwere Gefäß- und Gerinnungsstörungen. Zwei Wochen nach Krankheitsbeginn gibt es keine Zeichen der Besserung.

Die Familie entscheidet schließlich, dass nicht mehr versucht werden soll, das Leben des Mannes zu retten, sondern seine Beschwerden so gut es geht gelindert werden sollen. Kurz nachdem die Ärzte die Dialyse und Beatmung ihres Patienten beenden, stirbt er im Kreis seiner Familie.

Quelle

Kein brandneuer Vorfall, sondern "nur" Werbung für das Buch "Ein rätselhafter Patient" von Dr. Dennis Ballwieser und Dr. Heike Le Ker. Da die Geschichte ein tatsächliches Fallbeispiel darstellt und nicht konstruiert ist, finde ich sie nicht nur nur sehr tragisch, sondern auch aus der Sicht des Hundehalters besonders interessant.

LG
Andrea
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