Abschied

Tipps und Anregungen zu Gesundheitsfragen können und sollen keinen Tierarztbesuch ersetzen!

Abschied

Beitragvon Dieter » 30.08.2013, 11:59

Am Ende des Lebens steht der Tod, das ist nun mal so. Und er rückt mit jeder Sekunde ein bischen näher.
Auch bei unseren Hunden.
Da es den wenigsten Hunde vergönnt sein wird, friedvoll einzuschlafen, steht der Hundehalter - also irgendwann (wobei "irgendwann" auch bei einem heutge jungen gesunden Hund schneller eintreten kann als gedacht) auch wir alle - dann vor der Frage:

"Wie soll es geschehen"?

Daraus ergibt sich schon, dass es mir jetzt nicht um den Zeitpunkt geht sondern mehr um den technisch-medizinischen Vorgang des Tötens an sich bzw. um die Organisation desselben.

"Meine Güte" mag man sich jetzt denken, "wie schreibt der denn? So kalt und gefühllos. Hier geht es doch nicht um den Ölwechsel beim Auto".

Stimmt - und ich schreibe ganz bewusst so. Es ist nämlich Organisation und bisweilen Auseinandersetzung. Es ist Recherche und Vorbereitung. Es ist Befassung mit den finalen Dingen dieses Lebens.
Es ist im Grunde nicht anderes als "Funktionieren" - dies allein deshalb, um dem geliebten Tier - das womöglich auch gehen will - die letzten Minuten auf dieser Erde so angenehm wie möglich zu machen bzw. einen unangenehmen Tod zu vermeiden.
Und dieses Funktionieren geht eben nur, wenn man Bescheid weiss und es bekannt ist, worauf zu achten ist. Emotionales Gutmenschengequatsche mit anschliessendem Rumgejammer - wenn es daneben geht - nutzt nix und ggf. kriegt der Hundehalter bestimmte Dinge anschliessend auch nicht mehr von der Seele und macht sich ewig lange Vorwürfe.

Dies zu vermeiden ist auch Sinn dieses Threads.

In der Regel pflegen Haustiere eingeschläfert zu werden und sowas macht der TA. "Der macht das schon richtig" mag man sich denken, "ich vertraue ihm".
Wie gründlich das danebengehen kann, zeigte des Beispiel bei Ramona und Penny´s Herzproblematik, wo sie der TA menschlich tief enttäuscht hat.

Das Problem ist die Wahl des Mittels, hier im Grunde das einzige Problem.
Andere Dinge - zu Hause in bekannter Umgebung oder in der Praxis des TA - sollen hier zunächst eine untergeordnete Rolle spielen.

Es gibt als Einschläferungsmittel das berühmt-berüchtigte T 61 - ein Derivat der y-Hydroxy Buttersäure. Dieses Mittel darf nur bei vorheriger tiefer Narkose des Tieres angewendet werden, da ansonsten - vereinfacht formuliert - ein grauenhafter Erstickungstod bei Bewusstsein eintreten kann, obwohl nach dem äusseren Eindruck des Laien das Tier "friedlich" einschläft.

Dieses Mittel ist also risikobehaftet, die Narkose kann fehlschlagen, ist nicht tief genug oder noch nicht erreicht. Im übrigen brennt das Zeugs fürchterlich beim Injizieren.
Bei richtiger Anwendung führt es einen schmerzlosen Tod herbei, keine Frage. Aber die Verwendung bietet Risiken.

http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm ... halt_c.htm

Andere Mittel sind "Narcoren", "Release" oder "Eutha 77", es handelt sich dabei um Pentobarbiturate.

http://www.vetpharm.uzh.ch/perldocs/index_t.htm

Also ein risikoloses Mittel an sich, fachgerechte Anwendung durch den TA (Venenzugang bzw. die zu unterstellende Fähigkeit, überhaupt eine Spritze vernünftig setzen zu können) vorausgesetzt. Eine vorherige Sedierung des Tieres ist bezogen auf das Mittel an sich nicht erforderlich, um den Vorgang etwa bei Abwehrbewegungen des Tieres zu erleichtern indes zu empfehlen.


TÄ sind Dienstleister, die uns mit ihrem Wissen naturgemäß weit überlegen sind, keine Frage. Aber es sind keine Götter.

Und daher würde ich - wenn ich nicht seit 23 Jahren mit meiner TÄ eng befreundet wäre und genau wüsste, dass ich mich blind auf sie verlassen kann (sie hält im übrigen T 61 für Teufelszeug)- wie folgt vorgehen:

1. Den Vorgang vorher in Ruhe mit dem TA (des Vertrauens oder des geringsten Mißtrauens) in allen Einzelheiten besprechen, bei Unklarheiten nachfragen, nachfragen, nachfragen.
2. Nachfragen, welches Mittel verwendet wird.
3. Darauf bestehen, dass kein T 61 verwendet wird, egal was der TA sagt oder gegenargumentiert. In eines meiner Tiere kommt kein T 61. Punkt.
4. Notfalls die Flasche mit dem Mittel vorher zeigen lassen oder - besser - einen anderen TA suchen.
5. Wenn irgend möglich, das Tier zu Hause in vertrauter Umgebung mit den vertrauten Menschen gehen lassen. Unruhe, Aufregung oder Hektik vermeiden, notfalls selbst vorher ein Beruhigungsmittel einnehmen. Jeden nicht unbedingt notwendigen Menschen rausschmeissen.
6. Die Dinge mehrmals durchdenken und die Unabänderlichkeiten des Lebens akzeptieren. Das macht es leichter.
7. Das Tier in den letzten Minuten nicht alleine lassen, egal wie schwer das fällt (kinder ausgenommen). Völlig egal, wie schwer. Es geht um das Tier, nicht um das, was der Mensch dabei empfindet. Der kann sich hinterher zusaufen, weinen, klagen, jammern oder 3 Stunden schreiend durch den Wald laufen. Alles völlig in Ordnung.

Wenn alle diese Dinge beachtet werden, hat mein Tier einen guten Tod. Wenn nicht, macht man sich Vorwürfe. Und es nutzt dann nichts, dies auf den TA zu schieben.
Es ist meine Verantwortung dem Tier gegenüber. Und einen größeren Liebesdienst als in diesem schweren Moment kann ich ihm kaum erweisen.
Und daher braucht es Vorbereitung - und sachgerechte vernünftige Organisation.
Viele Grüße
Dieter

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Re: Abschied

Beitragvon Shnarph » 30.08.2013, 12:15

Dem ist ja fast nichts hinzuzufügen!
Bei Sepp und Schorsch wird es früher oder später soweit sein und wir werden dann vor der Schwierigkeit stehen, dass die beiden ihr ganzes Leben zusammen verbracht haben. Aber wir haben schon gesagt, dass wir soweit alle dabei sein werden und wir wollen den zweiten Part, wer auch immer es von ihnen sein wird, die Möglichkeit geben, dabei zu sein und sich zu verabschieden. Bäh, ich mag da grad gar nicht dran denken, sonst... :cry:
Aber ist es sinnvoll, wenn der Zweithund direkt dabei ist? Oder soll er sich lieber danach erst verabschieden können? Ob unser TA nach Hause kommen würde, weiß ich nicht, kenn es bei ihm so, dass man das Tier im Auto gehen lassen kann.
Dann stellt sich mir auch die Frage, erschwert man es dem Tier, wenn man dabei weint und seine Gefühle rauslässt? Oder sollte man lieber, wie oben erwähnt, etwas zur Beruhigung nehmen und dem Tier mehr Ruhe schaffen?
Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

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Re: Abschied

Beitragvon Dieter » 30.08.2013, 12:26

Shnarph hat geschrieben:Aber ist es sinnvoll, wenn der Zweithund direkt dabei ist? Oder soll er sich lieber danach erst verabschieden können?

Dann stellt sich mir auch die Frage, erschwert man es dem Tier, wenn man dabei weint und seine Gefühle rauslässt? Oder sollte man lieber, wie oben erwähnt, etwas zur Beruhigung nehmen und dem Tier mehr Ruhe schaffen?


Wenn ich einen zweiten Hund hätte, wäre der dabei. Vorausgesetzt, es gibt keine Schwierigkeiten, dass der etwa auf den TA los will oder den anderen Hund beunruhigt.

Ich musste im Leben mehrfach Tiere gehen lassen, Hunde und Pferde. Ich hab dabei nie geweint, wohl allerdings hinterher.
Ich weiss es nicht, Lena. Einstweilen würde ich denken, ein leises Weinen macht nichts. Die Tiere merken sowieso was los ist. Im Zweifel würde ich persönlich etwas mehr Beruhigungsmittel nehmen, evtl. schon um der psychologischen Wirkung auf den Menschen.
Viele Grüße
Dieter

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Re: Abschied

Beitragvon Monstie » 30.08.2013, 18:15

Dieter hat geschrieben:In der Regel pflegen Haustiere eingeschläfert zu werden und sowas macht der TA. "Der macht das schon richtig" mag man sich denken, "ich vertraue ihm".
Wie gründlich das danebengehen kann, zeigte des Beispiel bei Ramona und Penny´s Herzproblematik, wo sie der TA menschlich tief enttäuscht hat.


Jopp, sowas wird mir nicht mehr passieren. :oops:

Als ich Cindy gehen lassen musste vor zwei Jahren, habe ich dabei geweint.
Ihr machte das glaube ich nichts.
Mir fiel es unglaublich schwer bei der Einschläferung dabei zu sein.
Aber da ich es nicht so organisieren konnte, dass die Einschläferung zu Haus statt fand, war ich ihr zumindest das schuldig.
Noch heute muss ich weinen wenn ich an diesen Tag denke... obwohl das schon 2 Jahre her ist. :cry:
Habe keine Angst, etwas Neues auszuprobieren.
Bedenke, die Arche wurde von einem Amateur gebaut, die Titanic von Profis

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Re: Abschied

Beitragvon chino » 30.08.2013, 21:55

Hallo,
Dieter hat geschrieben:...dass es mir jetzt nicht um den Zeitpunkt geht sondern mehr um den technisch-medizinischen Vorgang des Tötens an sich bzw. um die Organisation desselben...

den Zeitpunkt zu bestimmen, ist auch ungleich schwieriger.
Dafür gibt es zwar Anhaltspunkte, aber kein Patentrezept.

Für die "technischen" Aspekte lässt sich aber, wie Dieter so schön aufgezeigt hat, sehr wohl eine Art Checkliste erstellen.
Und man tut gut daran, sich mit diesen Aspekten frühzeitig auseinanderzusetzen, ohne den emotionalen Druck des akut anstehenden letzten gemeinsamen Schrittes. Dann hat man in den allermeisten Fällen keinen Kopf für solche Dinge und "muss" mehr oder weniger die Verantwortung dafür an den TA delegieren.

Dass dieser Moment keinem von uns erspart bleibt, steht fest; daran ist nichts zu deuteln. Was hindert uns also daran, die offenen Fragen, die damit einhergehen, bei der nächsten Gelegenheit mit dem TA durchzuhecheln? Nichts. Eigentlich. Bis auf die Tatsache, dass man "darüber" halt nicht gern nachdenkt und schon gar nicht darüber spricht. Bringt Unglück. Garantiert quasi!

Nein, ich glaube nicht daran, dass man den Tod herbeireden kann.
Ebensowenig, wie man ihn durch gekonntes Ignorieren hinauszögern kann.

Ich musste meine drei Katzen verabschieden, nacheinander fast auf den Tag genau mit jeweils Jahresabstand.
Ich hab dabei geheult und danach, allerdings während ihrer letzten Minuten nicht laut schluchzend wie ein Klageweib - wir haben eine letzte gemurmelte "Unterhaltung" geführt, während mir gefühlte Hektoliter an Tränen einfach über das Gesicht liefen. Daran hätten bestenfalls hochdosierte Psychopharmaka was ändern können und davon wäre ich wohl so "erstarrt", dass es auf sie vmtl ziemlich beunruhigend oder zumindest irritierend gewirkt hätte. Das Geschluchze und Geschneuze kam immer erst danach, als es vorbei war ... Ich schätze mal, es wird eines (hoffentlich noch sehr fernen) Tages bei Herrn Quasimodo ebenso sein.

LG
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Re: Abschied

Beitragvon MickyMausi » 31.08.2013, 12:30

Meine Lea war ja so "nett" und ist einfach tot umgefallen. Ich kniete hochschwanger mitten auf der Straße vor meinem toten Hund und heulte und rief ständig"mein Baby" (meinte damit den Hund und nicht Tim im Bauch). Der öffentliche Gefühlsausbruch hing sicher mit dem ein oder anderen Hormönchen zusammen :oops: , aber sie war mein Baby und starb so unverhofft. Keine Zeit für Abschied nehmen :cry:

Micky denke ich wird irgendwann auf mein ok zur Einschläferung hoffen müssen und ich habe Angst vor diesem Tag und will nicht drüber nachdenken übers wann und wie und wo
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Re: Abschied

Beitragvon Dieter » 03.09.2013, 13:21

Es gibt ein Buch übr dieses Thema.

http://www.amazon.de/Tieren-beim-Sterbe ... 3940254029

Angst vor diesem schwierigen Komplex ist verständlich - zeigt doch die Befassung damit auch immer (unbewusst) die eigene Endlichkeit.
Viele Grüße
Dieter

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