Hallo,
ich habe viel zu wenig Kontakt mit Hundesportlern, um mir zu diesen Fragen eine fundierte Antwort erlauben zu können.
Somit kann ich dazu nur eine Handvoll Beispiele heranziehen und ein paar theoretische Überlegungen anstellen.
Im Mantrailing-Kurs hatten wir eine bunte Mischung beisammen: Hovawart, Leonberger, Bloodhound, Quasimodo ...
Alle waren bei der Sache, aber mit völlig unterschiedlicher Arbeitsweise bzgl Tempo, Anzeigeverhalten, Zielstrebigkeit, ...
Bei dem Leonberger hatte ich den (laienhaften) Eindruck, sie wäre zwar der Angelegenheit nicht abgeneigt, aber so richtig überschäumende Begeisterung war da nicht dahinter. Sie machte ihr Ding, ruhig und gewissenhaft und wirklich ordentlich, aber irgendwie hatten die Halter fast mehr Spaß als der Hund.
Der Herr Hund wird ja seit einiger Zeit
(auch wenn wir im Augenblick verletzungsbedingt pausieren mussten) longiert, er macht auch die meiste Zeit recht ordentlich mit, aber echte Begeisterung sieht anders aus. Da ich das aber vorrangig deswegen veranstalte, um ihn gemeinsam mit den Kindern etwas "arbeiten" zu lassen, ist das soweit ok und schließlich quäle und schinde ich ihn nicht dabei.
GANZ anders sieht es aus, wenn er mit der Nase arbeitet: da ist er so richtig in seinem Element, da geht er voll darin auf.
Wer z.B. Baumann gelesen hat, wird das nicht weiter verwunderlich finden - es liegt so sehr in der Natur des Hundes verankert, dass es wohl kaum einen gibt, der nicht Spaß daran hätte, ganz unabhängig von der Rasse. Natürlich gibt es Rassen, die gezielt darauf selektiert wurden, tolle Leistungen auf diesem Gebiet zu erbringen. Wenn es aber nicht um Pokale und Ränge, sondern schlicht um eine auslastende Beschäftigung geht, die auch noch Freude macht, kann man da wohl mit wirklich jedem Hund in dieser Richtung was unternehmen.
Agility?
Fände der Herr Hund sicher toll, allerdings hätte er davon definitiv eine Vorstellung, die deutlich von jeder PO abweicht.
Dürfte er wie ein Besengter über alle Hindernisse fetzen, ungeachtet etwaiger Kontaktzonen, Reihenfolgen und sonstigem "Ballast", in dem Bewusstsein, dass es dafür alle paar Meter auch noch ein Stück Käse gibt, wäre er wohl bereits auf dem Weg ins Auto. Wir gäben ein selten trauriges Gespann ab auf dem Platz: er viel zu schnell, ich viel zu langsam - jeder Trostpreis wäre uns sicher.
Obedience?
Das wäre was nach meinem Geschmack und sollte für einen Hund mit einem genetisch verankerten WTP eigentlich machbar sein.
Irgendwie hab ich aber so eine Ahnung, dass Quasimodo davon nicht ganz so angetan ist wie ich. Und im Bekanntenkreis hab ich eine wirklich tolle GR-Hündin, die damit auch nicht so recht glücklich war. Die Halter haben dann nach einiger Zeit zur Dummyarbeit gewechselt, DAS war und ist für das Mädel der totale Hammer.
Jagd?
Dafür bin ich denkbar ungeeignet, und das Köterchen hätte auch hier seine sehr speziellen eigenen Vorstellungen davon.
Dass seinesgleichen z.B. für die Jagd
nach dem Schuss gezüchtet wurde, hat sich bis zu ihm noch nicht durchgesprochen.
Freunde von mir haben einen KLM, mit dem sie, sobald er "aus den Windeln raus" war, parallel zur "normalen" HuSchu auch in einer speziell für Jagdhunde waren. Im Mai hat er die Anlagenprüfung ohne Probleme bestanden, sie gehen weiter mit ihm hin und arbeiten an der jagdlichen Ausbildung. Noch hat allerdings niemand in der Familie einen Jagdschein, somit ist es IMO fraglich, ob der Hund jemals tatsächlich jagdlich geführt werden wird.
Grundsätzlich sehe ich jeden Trend/Hype mit einer Portion Skepsis.
-) Was geschieht, wenn der Trend sich totläuft und morgen etwas total angesagt ist, wofür der eigene Hund nicht taugt? Kommt der Hund dann weg, weil man mit ihm nicht mehr Trendsetter sein kann?
-) Was, wenn man sich alles so toll ausgemalt hat mit dem Sport und dem Hund, aber der Hund sich ums Verrecken nicht in die Richtung entwickeln will, die man im Auge hatte? Vor einiger Zeit fand ich ein Abgabeinserat für eine Dobihündin, die als Reitbegleithund geplant war. Die Hündin war jedoch absolut nicht dazu zu bewegen, sich mit Pferden auch nur auf Distanz zu befassen. Die Halterin hatte aber neben besagtem Hund noch ein Pferd und ein kleines Kind und konnte nun den Spagat zwischen diesen Verpflichtungen nicht schaffen, weil der Plan "Hund + Pferd zeitgleich bespaßen" nicht aufging. Also musste der Hund wieder weg.

-) Trendsport als Zuchtziel? Vielleicht nicht zu 100% ideal, aber mit Sicherheit besser als den Focus ausschließlich auf bestimmte Erscheinungsmerkmale zu legen. Immerhin braucht man für die meisten sportlichen Aktivitäten einen recht gesunden Hund, somit wird der Züchter seine Verpaarungen (hoffentlich) entsprechend sorgfältig dahingehend auswählen.
LG
Andrea