Schulhund-Projekt: Anton geht in den Ruhestand
Ilka Stritzel ist mit ihrem Irish Setter Anton zehn Jahre lang für das Projekt „Keine Angst vor großen Hunden“ in Schulen und Einrichtungen unterwegs gewesen. Nun freut sich der Hund auf seinen Ruhestand.
dessau/MZ.
Sein gelbes Halstuch liegt gewaschen und gebügelt zwischen Stapeln von Fotoalben und Kinderzeichnungen. Zehn Jahre lang war es das Markenzeichen des Irish Setter, wenn er Grundschulen, Kindergärten, aber auch Sonderschulen und Altenheime besuchte. Jetzt braucht es Anton nicht mehr. Dessaus wohl bekanntester Hund hat sich zur Ruhe gesetzt. Mit einem letzten Besuch im Hort Zauberburg hat er Anfang August Abschied vom „Berufsleben als Schulhund“ genommen.
„Anton ist alt und krank, er hat sich jetzt einen ruhigen Lebensabend verdient“, erklärt seine Besitzerin Ilka Stritzel den Rückzug Antons ins Privatleben. Die Aufregung einer Kindergruppe oder das Toben mit den Jungen und Mädchen würde der inzwischen 14 Jahre alte Anton nicht mehr schaffen. „Kleine Runden geht er mit uns noch spazieren, aber ansonsten braucht er viel Ruhe.“
Anton hat in seinem Hundeleben so etwas wie eine Mission erfüllt. „Keine Angst vor großen Hunden“ hieß diese und war ein Projekt des Vereins „Hunde helfen Menschen“, dem Ilka Stritzel vor nunmehr zehn Jahren beigetreten war. „Das Anliegen hat mir gefallen“, erzählt sie, „denn auch ich habe viele Menschen, auch Erwachsene, kennengelernt, die Angst vor großen Hunden haben. Die wollte ich ihnen nehmen. Und das funktioniert bei Kindern am besten.“ Anton und Frauchen absolvierten eine entsprechende Ausbildung und waren zehn Jahre lang in dieser Mission unterwegs. Hunderte Jungen und Mädchen nicht nur in Dessau-Roßlau, sondern „von Magdeburg bis Halle“, lernten in dieser Zeit den großen braunen Hund kennen.
Anton ist so etwas wie eine Berühmtheit geworden in der Stadt. „Das ist doch Anton“- mit diesen Worten hätten bei Spaziergängen oftmals Kinder ihre verängstigten Eltern beim Anblick des großen Hundes beruhigt, erzählt Ilka Stritzel schmunzelnd. Angst hatten diese Kinder also tatsächlich nicht mehr.
Dank auch der unendlichen Geduld, die Anton bei all seinen „Schulstunden“ mit den Kindern hatte. „Er hat in zehn Jahren nicht einmal böse reagiert“, ist sein Frauchen zurecht stolz auf ihn. Angeknurrt habe er höchstens mal Hausmeister oder Lehrer, die sich unbefugt „seinem Rudel“, das er in den Kindern sah, genähert haben. „Sehr zur Freude der Kinder“, lacht Ilka Stritzel.
Doch nicht nur Kuscheln und Toben bestimmten die Stunde mit Anton. „Ich habe den Kindern auch viel über Hunde und ihr Wesen erzählt, ihnen Verhaltenstipps gegeben und ihnen erklärt, warum Hunde so reagieren wie sie reagieren.“ Wenn Anton dann zeigte, dass er ein Hund ist, der aufs Wort hört, dann waren die Kinder immer begeistert. „Besonders beliebt war der Befehl 'tot stellen', das konnte er nicht oft genug machen.“ Auch Pfötchen gab Anton. Und die Grundbefehle wie Sitz! und Bleib! beherrscht er natürlich aus dem Effeff. „Es waren immer wieder sehr ängstliche Kinder dabei, die sich am Anfang ganz hinten versteckten“, berichtet Ilka Stritzel. Doch im Laufe der Stunde seien auch sie aufgetaut und hätten sich am Ende auch getraut, Anton zu streicheln. Ein Erfolg, nicht nur für Anton, sondern in erster Linie für die Kinder selbst. „Sie haben durch Anton gelernt, dass Hunde nicht von sich aus böse sind, sondern dass man mit ihnen nur richtig umgehen muss.“
Nicht nur die Kinder staunten über Anton. Auch seine Besitzerin war so manches Mal „baff erstaunt“, wie sie zugab. Zum Beispiel beim Besuch von Demenzkranken in einem Altenheim, die plötzlich voll da gewesen seien, wenn sie Anton angefasst hatten. Oder das autistische Mädchen, das sie in der Schule für Geistigbehinderte besuchten. „Anton ist sofort zu diesem Mädchen gelaufen und dies hat Reaktionen gezeigt, die sogar die Lehrer verblüfft haben.“ Für Kranke und Alte scheint Anton also ein besonderes Gespür entwickelt zu haben.
Vorerst müssen Kinder in Dessau-Roßlau ihre Angst vor Hunden auf andere Weise überwinden erlnen. Aber Ilka Stritzel schließt nicht aus, dass sie irgendwann wieder in ihrer Mission „Keine Angst vor großen Hunden“ mit einem Hund unterwegs sein wird.
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