Der Teckel und der Fuchs - aus eigener Anschauung

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Der Teckel und der Fuchs - aus eigener Anschauung

Beitragvon Dieter » 16.06.2013, 16:03

Angeregt durch den "Papiere-Thread" und durch die Befassung mit denen meines Dackels erinnere ich eine jagdliche Begebenheit, der ich die Ehre hatte, beiwohnen zu dürfen:

Es war so 1985 rum und ich hatte meinen ersten Dackel - den Flocki - schon einige Jahre, als ich mit einem Jäger, den ich gut kannte, über Dackel/Teckel ins Gespräch kam. Er lud mich ein, der nächsten Baujagd mit seinem Teckel als Helfer beizuwohnen.
Und so wackelten wir denn eines schönen Herbsttages in der Früh ins Revier, 4 Mann, 2 Jäger und zwei Helfer. Die Jäger waren mit Gewehren, die Helfer mit Spaten, Schaufeln und Spitzhacken bewaffnet.
Mein Bekannter hatte seinen Teckel im Rucksack verstaut und diesen praktischerweise unterhalb des Teckelkopfes verschnürt, sodass das Jagdviech oben fröhlich herausschauen konnte. "Der wird immer getragen", hiess es, "der schafft ja nichts mit seinen kurzen Beinchen". "Das kennt er", hieß es noch.
Vor Aufbruch zur Jagd sagte mein Bekannter noch seinem Freund, dem Baggerfahrer, Bescheid. Dies für den Fall, dass dieses Gerät anrollen musste, damit notfalls der Teckel freigebaggert werden konnte.
Am Fuchsbau angekommen, wurde der Jagdgenosse ausgepackt und schliefte sogleich in diesen ein. Schon nach kurzer Zeit ertönte unten ein gewaltiges Getöse und Gekeife, der Hund war also am Fuchs.
Das ging so eine Zeitlang bis auf einmal Ruhe einkehrte.
"Der hat den Fuchs", hieß es, "nun liegt er fest".

Nachdem zunächst ein ordentlicher Doppelkorn - praktischerweise gleich aus der Flasche - zur Anwendung gebracht wurde, musste nun gegraben werden. Wozu hat man Jagdhelfer dabei, die die Ehre haben, den Vorgängen beizuwohnen.
Ausserdem ist ein Bagger teurer als eine Runde Korn.

Wir - also der andere Helfer und ich - schaufelten und hackten wie die Beknackten und waren nach kurzer Zeit etwa 2 Meter tief ins Erdreich eingedrungen.
"Manchmal geht das 7 oder 8 Meter tief" sagten die Jäger aufmunternd, während sie auf dem Boden lagen, per dort angepresstem Ohr versuchten, die ungefähre Lage zu peilen und über den Teckel fluchten, der mehr ein Packer denn ein Flieger war.

Einschub: Packer? Flieger?
Die Packer sind die Teckel, die mit dem Fuchs kämpfen (und gelegentlich früh sterben bzw. öfter mal krankgeschrieben sind) und sich in ihn verbeissen wollen. Die Flieger - die haben die Jäger am liebsten - sind die Teckel, die den Fuchs eher nerven, sich aber nicht auf einen wirklichen Kampf einlassen. Ihn also bedrängen, auch mal beissen, aber eben kein wirklicher Kampf, bis der Fuchs den Bau verlässt.
Das erklärt auch die zunächst befremdliche Eigenschaft vieler Teckel, beim Anschauen und Hinwenden keifend zurückzuweichen und anschliessend den Menschen, so er sich umgedreht hat, ebenso keifend in die Hacken zu beißen. Die sind demnach nicht "link" sondern verwechseln den Menschen mit ´nem Fuchs.

Nun, wir waren so auf 2,50 und ich befasste mich schon gedanklich mit dem Begriff "Magma" als der Hundeführer-Jäger mittels Taschenlampe in die Röhre leuchtete.
"Ich seh ihn" jubelte er. "Los Jungs, noch ´ne Runde graben, schnell, damit er Luft kriegt", anbefahl er uns. Nach einem weiteren halben Meter, leuchtete er wieder in die Röhre, versuchte, mit der Hand den Teckel zu greifen und versank mit dem halben Oberkörper in dieselbe und schrie "ich hab ihn, ich hab ihn am Schwanz zu fassen. Los, zieht uns raus".

Ok, jeder einen Gummistiefel und gezogen, derweil der andere Jäger seelenruhig seine Flinte aufmunitionierte.
Die Schultern erschienen, der hochrote Kopf erschien, der Arm kam ans Tageslicht, die Hand mit dem Schwanz des Teckels, das Hinterteil des Hundes, der ganze Hund, dann der Fuchs, in den sich der Teckel im Bereich dessen Augenpartie verbissen hatte.
Vorher hatten wir ja auf Geheiß der Spezialisten eine hinreichend flache Ebene geschaufelt und den Fuchsbau trichterförmig erweitert, sodass das Rausziehen an sich kein besonderes Problem war.

Nun, der Hundeführer rappelte sich hoch, hielt den Teckel mit dem Fuchs im Fang auf Brusthöhe immer noch am Schwanz und anbefahl dem anderen Helfer, sich vorsichtshalber in den Bau zu stellen und diesen zu blockieren.

Mir wurde angetragen, den Schwanz des Fuchses zu fassen und diesen zur Seite zu ziehen und den Fuchs in eine bestimmte Richtung zu schmeissen, sobald der Teckel diesen losgelassen hätte. Worauf dann der andere Jäger versuchen würde, diesen Fuchs vermittels Pulver und Bleischrot in die ewigen Jagdgründe zu befördern.
"Aber nur in diese Richtung", hieß es, "wegen der Schrote, verstehste?".
Ich verstand diesen genialen Plan sofort :d

Trotz Schüttelns am Nackenfell und scharfer Kommandos liess der Teckel seine Beute aber nicht los, sodass der Hundeführer-Jäger seinen treuen Jagdgenossen etwas würgen musste.

Man muss sich diese Situation mal vorstellen: Hund am Schwanz auf Bauchhöhe, das ganze Gespann am Fuchsschwanz seitlich gezogen und der Jäger würgt den Hund ab. Der ließ dann schließlich auch los, ich schwenkte mit den Armen einmal zwecks Schwung, schmiss den sichtlich angeschlagenen Fuchs in die vorher bestimmte Richtung und nahm anschließend volle Deckung mit Blickrichtung zur Flugkurve. Sowas hat man ja bei der Bundeswehr hinreichend geübt :d .
Es knallte, der Fuchs rollierte und hauchte seine verdammte Seele aus, der Teckel wurde losgelassen, verbiss sich wieder in den Fuchs und schüttelte ihn röhrend und keifend wie toll.

Derweil beglückten wir den erfolgreichen Schützen mit einem kräftigen "Waidmannsheil", schlugen uns männlich-kernig gegenseitig auf die Schultern ob der guten Jagd und soffen praktischerweise die Pulle mit dem Doppelkorn leer.

Dann wurde der Teckel untersucht und eine halbe Flasche Desinfektionsmittel über ihn ausgeschüttelt. Er hatte nur leichte Verletzungen, ein zertackertes Ohr und kleinere Bisswunden im Bereich Fang und Hals.
Er wurde wieder in den Rucksack gestopft und wir traten den Heimweg an.

Ein erfolgreicher Jagdtag war zu Ende :d .
Viele Grüße
Dieter

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Re: Der Teckel und der Fuchs - aus eigener Anschauung

Beitragvon Ginelli » 18.06.2013, 21:45

Hab jetzt den ganzen Text gelesen. Wie immer gut geschrieben, Dieter :D

Aber mal eine Frage: Wozu sollte diese Fuchsjagd gut sein? :?
Lieber Gott, gib mir die Weisheit - einige Mensche zu verstehen, die Geduld- sie zu ertragen, die Güte- ihnen zu verzeihen.
...aber bitte gib mir keine Kraft- denn wenn ich Kraft habe, haue ich ihnen eine rein!
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Re: Der Teckel und der Fuchs - aus eigener Anschauung

Beitragvon Dieter » 18.06.2013, 22:05

Ginelli hat geschrieben:Wozu sollte diese Fuchsjagd gut sein? :?


Na, die wollten halt die Baujagd ausüben - und waren im Grunde froh, dass die zwei Idioten gefunden hatten, die sich dafür interessierten und ordentlich schaufelten.

Das ist nun fast 30 Jahre her und ich hab mir damals keinen großen Kopf gemacht. Heute halte ich die Baujagd ethisch für nicht mehr vertretbar.
Zahllose Teckel werden schwer verletzt oder lassen ihr Leben. Nicht selten deshalb, weil viele Jäger - vor allem Nicht-Baujäger, die mal eingeladen sind - nicht auf eine hinreichende Distanz zwischen dem den Bau verlassenden Fuchs und dem dicht nachfolgenden Teckel achten und diesen gleich mit erschießen. Kommt gar nicht selten vor, dringt aber selten an die Öffentlichkeit und wird intern geregelt.
Gerade Dachse sind für Teckel lebensgefährlich, ebenso wie wilde Katzen, die sich in einem Dachs- oder Fuchsbau verkrochen haben und schwerste Augenverletzungen beim Hund verursachen können.
Viele Grüße
Dieter

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Re: Der Teckel und der Fuchs - aus eigener Anschauung

Beitragvon Getier » 18.06.2013, 22:15

Den Text habe ich mir auch durchgelesen und konnte mir das Ganze lebhaft vorstellen. :d

Zum ethisch vertretbar: ist der Fuchs immer noch "der größte Krankheitsüberträger" oder hat sich das geändert?
Nicht der Mensch hat am meisten gelebt, welcher die höchsten Jahre zählt, sondern der, welcher sein Leben am meisten empfunden hat.
Jean-Jacques Rousseau
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Re: Der Teckel und der Fuchs - aus eigener Anschauung

Beitragvon Dieter » 18.06.2013, 22:37

Zumindest wird das immer behauptet, Kia. Ob es stimmt - ich weiss es nicht.
Was kann er besonderes übertragen? Fuchsbandwurm, was wohl als reale Gefahr höchstens die wenigen Waldkindergärten betrifft und Räude, wovon - bei mangelnder Nachsorge - auch mancher Teckel ein Lied singen kann.
Zum aktuellen Stand der Tollwut weiss ich nichts.
Füchse können auch auf andere Art und Weise (Ansitz, Luderplatz, Mäuseburg) sehr erfolgreich bejagt werden, dazu braucht es keine Teckel oder - mehr und mehr zunehmend - Terrier.

Jagdhunde haben nun mal ein recht hohes Berufsrisiko, etwa an Sauen, die mittlerweile gelernt haben, sich auf die jeweilige Hunderasse einzustellen.
Jährlich werden zahllose Jagdhunde schwer geschlagen, einige sterben auch an der aujeszkyschen Krankheit.

Vorzeitige Dienstunfähigkeit infolge Knalltrauma/Schwerhörigkeit wird auch mehr und mehr zum Thema bei Jagdhunden.

Chris Balke, der Leiter der Schweißhundestation im Kreis Herzogtum Lauenburg hat in 20 Jahren als Jagdscheininhaber insgesamt 40 Hunde geführt.
Viele Grüße
Dieter

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Re: Der Teckel und der Fuchs - aus eigener Anschauung

Beitragvon chino » 18.06.2013, 23:05

Hallo,
Getier hat geschrieben:...ist der Fuchs immer noch "der größte Krankheitsüberträger" oder hat sich das geändert?

Der Fuchs kann auf jeden Fall eine Reihe von Krankheiten übertragen.
Numerisch scheint er aber zumindest in anderen Teilen der Welt diversen Fledermausarten unterlegen zu sein.

LG
Andrea
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