Den Hund bei Angst zu streicheln verstärkt die Angst - oder?

[Xafira]

Hallo,

wie oft hört man:
"Wenn der Hund Angst hat musst du ihn ignorieren, sonst verstärkst du seine Angst noch."

All jene, die bis jetzt instinktiv ihren Hund bei Auftreten von Angst beruhigt haben, können beruhigt sein - sie haben genau das richtige getan, sofern die Beruhigungsversuche für den Hund angenehm waren.

Man kann Angst (negatives Gefühl) nicht durch Hinzufügen eines positiven Gefühls verstärken - ganz im Gegenteil, es gibt längst wissenschaftliche Erkenntnisse, dass das Hinzufügen eines positiven Reizes die Ausschüttung von Oxytocin begünstigt und der Hund sich dadurch besser fühlt.

Umgekehrt allerdings - fügt man der negativen Empfindung eine weitere negative hinzu, verstärkt sich die Angst (durch Ignorieren, Schimpfen, Herumzerren am Hund, etc.).

Hier einige interessante Artikel zu diesem Thema:
Alles halb so schlimm
Warum streichelnde Hände doch gegen Angst wirken

Ein Mythos in der Hundeerziehung: Angst ignorieren

Kann man aggressives Verhalten durch Belohnung und Zuwendung verstärken?


Wie geht ihr selbst mit der Angst eures Hundes um?
Bietet ihr dem Hund Schutz und Sicherheit?
Wenn ja, wann und wie macht ihr das?

Liebe Grüße
Birgit

[Emma]

DANKE!

Ja, das Thema Angst verstärken geht mir ziemlich auf den Zeiger. Überall heißt es, man soll nicht die Angst bestärken. Aber ganz erhlich... Wenn ich Angst habe und mich jemand nett beruhigt geht es mir auch besser. Es geht ja nicht darum den Hund zu vermitteln:"Whaaa stimmt, dass ist gefährlich" sondern "Eiiii, mein kleiner Hund, alles guuuuuut" und das geht auch mit streicheln.

Einstein ist ja eigentlich sehr neugierig und wenig ängstlich. Außer bei Pferden und daran arbeiten wir gerade. Er soll Nettchen und mich ja mal begleiten.

Seine Angst äußert sich, dass er flüchten möchte und ja, ich biete im Schutz und streichel ihn dabei auch. Ich hocke mich hin, und er darf sich hinter mir verstecken oder zwischen meinen Knien bleiben während ich ihm die Brust kraule. Sobald er sich wieder beruhigt hat, gehe ich mit ihm noch einen Schritt weiter an das Pferd dran. Ganz langsam merkt er, dass Pferde Streicheleinheiten bedeuten. Oft sitzen wir auch einfach ne halbe Stunde am Hof und gucken uns alles zusammen an. Wenn er ruhig ist dann wird er gelobt, wenn er Angst bekommt (wenn zB ein Pferd direkt an uns vorbei geht) darf er sich gerne hinter meinen Beine verstecken.

Manchmal lasse ich die Leine gaaaaanz lang, gehe zum Hotti und streichel es. Mein Pferdchen liebt Hunde und ist dabei sehr geduldig. Sie hat auch bei Hunden (und Kindern) eine hohe Toleranzgrenze... Aber auch nur bei den beiden

Wir gehen allerdings nur dann wieder vom Hof, wenn Einstein sich einigermaßen entspannt hat. Es wird immer besser! Ehrlich gesagt ist es mir auch lieber, wenn Hundi einen gesunden Respekt vor Pferden hat, als ständig die Tiere zu bedrängen, zwischen den Beinen langzulaufen oder oder oder. Da fütter/streichel ich Pferde lieber schön, als ihn ständig unterm Pferd zu sehen....

[Treasure Bay]

Kleines Beispiel:

Mein Welpe war 10 Wochen alt, das Müllauto kam. Machte viel Lärm und Getöse, meinem Welpen war das sehr suspekt. Also hockte ich mich zu ihr, sie drückte sich an mich, ich habe sie mit den Armen umfangen und wir haben den Müllmännern zugeschaut. So weit, so gut.

Gleiche Situation vorgestern, ein paar Wochen später. Müllauto kommt, macht viel Lärm und Getöse, Welpe sitzt und schaut zu ohne mit der Wimper zu zucken.

Ich denke, man kann den Hund mit Zuwendung auffangen, ihm Sicherheit geben und das Selbstvertrauen, daß er diese Situation dann auch alleine meistern kann.

[Getier]

Wie geht ihr selbst mit der Angst eures Hundes um?
Bietet ihr dem Hund Schutz und Sicherheit?
Wenn ja, wann und wie macht ihr das?

Boomer hat Angst vor Gewitter und Feuerwerkskörper - in entsprechenden Situationen darf er gern zu mir kommen, sich unter der Decke verkriechen oder auf meinem Schoß sitzen. Das hilft ihm schon sehr - aber auch das gelassene Verhalten der Hündin kommt ihm zu Gute. Er orientiert sich auch an ihr und verfällt nicht mehr in totale Panik. Bei seinem ersten Panikanfall, wo sie anwesend war, hat sie sich umgedreht und ihn in den Hintern gezwickt. Für den Abend war das Thema "Angst vor Knallerei" gegessen und Boomi hat sich verhalten, als wenn NICHTS wäre.
Auch wenn es allen Theorien widerspricht, hat mich das schon beeindruckt.

Ich denke, dieser Mythos "streicheln verstärkt Angst" hält sich so tapfer, weil es gar nicht falsch sein muss. Der Hund KANN streicheln als angenehm empfinden - aber wir alle kennen auch Situationen, wo es dem Hund äußerst unangenehm sein kann angefasst zu werden.
Ich habe da immer die Oma einer Freundin im Kopf, die quer zwischen Tisch und Eckbank klemmt und ihren Zwergpinscher streichelt, weil er Angst vor dem Rasenmäher hat. DAS empfindet das Pinscherchen sicher nicht als angenehm ...

[Kailyn]

Ich glaube nicht, dass Streicheln die Angst verstärkt.
Auch meine Sheeva hat panische Angst vor Feuerwerk, Gewitter und Co. und wenn sie Nähe sucht, bekommt sie diese auch. Wir rennen ihr nur nicht wie aufgescheuchte Hühner hinterher oder plappern auf sie ein. Sie geht entweder in ihren Kennel, oder, bei sehr großer Angst, kuschelt sie sich an unsere Beine und wir kraulen ihr Brust und Rücken. Und das beruhigt sie sogar sehr!

Ich glaube eher, dass eine totale Ignoranz der "Bedürftigkeit" eines Hundes ein großer Vertrauensbruch ist. Man sollte kein Tamtam darum machen, ja. Aber wenn der Hund schon ankommt und Schutz sucht, sollte man ihm diesen auch gewähren und ihn nicht alleine lassen. Kontaktliegen und die Akzeptanz seiner Familienmitglieder sind wichtig für einen Hund. Warum sollte er sich am Menschen orientieren, wenn dieser seine Ängste ignoriert?

[gabi]

Ist bei Hachiko auch so, bei starkem Gewitter - also eher bei kräftigem Donner - und Sylvester hat mein großer Held große Angst. Gerade vor einer Stunde krachte ziemlich unvermittelt ein lauter Donner - wir saßen mit nem Kaffee draußen am Tisch, Hachiko inspizierte den GArten. Er kam gleich angetrabt und setzte sich neben mich, mit dem unwiderstehlichen "streichelstdumichBlick", klar hab ich ihm seinen Kopf gekrault und ihn schön ruhig gestreichelt............
Das wäre ja total unnatürlich, wenn man das in so einem MOment nicht tun würde.