Infantile Hunde?

Caniden ticken anders als Primaten

Infantile Hunde?

Beitragvon Getier » 06.07.2013, 18:02

Der Text ist schon älter, aber ein interessantes Thema, wie ich finde:
http://klartexthund.blogspot.de/2011/10/infantile-hunde-sollten-wir-hunden-das.html

Was sagt Ihr dazu?
Nicht der Mensch hat am meisten gelebt, welcher die höchsten Jahre zählt, sondern der, welcher sein Leben am meisten empfunden hat.
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Re: Infantile Hunde?

Beitragvon Xafira » 09.07.2013, 05:37

Ich gebe dem Autor recht - ob man das jetzt infantil nennt oder einen Zustand der erlernten Hilflosigkeit ist dann die andere Frage. Oder gehört das bis zu einem gewissen Punkt sogar zusammen?

Für mich ist es ganz wichtig, dass Welpen/Junghunde und auch Hunde, die mit schlechter Vorgeschichte bei mir landen, hier ihre eigenen Erfahrungen machen dürfen, dass ich nicht jeden ihrer Schritte und jedes Tun kommentiere, denn auch zuviel an positiver Kommunikation kann Hunde unselbständig werden lassen. Dies geht natürlich immer nur im Rahmen der Gegebenheiten, denn belästigt werden oder zu Schaden kommen soll ja niemand.

Und zu diesem Erwachsenwerden gehört für mich auch, dass man eine Frühkastration ablehnt - das gehört für mich zur körperlichen und geistigen Entwicklung einfach dazu.

Natürlich bereiten Hunde, die sich immer rückversichern, die keinen Schritt allein machen, die keine eigenen Ideen entwickeln weniger "Probleme" und für viele Hundebesitzer ist es sicher auch besser, wenn der Hund im Zustand der ewigen Jugend bleibt - aber ist es für den Hund besser?
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Re: Infantile Hunde?

Beitragvon stencille » 09.07.2013, 07:27

Finde de Artikel auch sehr interesant und werd mit Sicherheit drauf rumdenken...

Interessant ist, dass man sehr schnell der Fahrlässigkeit bezichtigt wird, bzw unverantwortungslos, wenn man so handelt, wie in dem Artikel beschrieben. Meine Hunde hatten früher einen uneingezäunten Bauernhof den es zu "bewachen" galt (wobei sie eben eigentlich nicht bewachen durften, im Sinne von Leute fernhalten), wo ungefähr 3 Hektar zur freien Bewegung zur Verfügung standen. Natürlich gab es eine kleine Straße, wo etwas hätte passieren können und die Hunde haben alle Jubeljahre mal einen Ausflug ins Dorf unternommen (was ich nicht gut fand aufgrund der möglichen Gefahren dort, vor allem fühlen sich Leute von zwei freilaufenden, großen Hunden ja schnell belästigt - das geht ja nicht...aber die Komposthaufen waren einach so verlockend...)

Doch allein so Banalitäten, wie dass ich meine Hunde jetzt im eingezäunten (!) Garten tagsüber auch mal allein lasse oder die letzten Meter ohne Leine mit ihnen durchs Dorf laufe... alles ganz schlimm, grob fahrlässig, unverantwortlich.
Für mich ist das ein Stück Vertrauen, das ich meinen Hunden entgegenbringe, Freiheit und Lebensqualität die ich ihnen glücklicherweise aufgrund der Wohnsituation geben kann, eben soviel es geht auch selber entscheiden zu können, worauf sie Lust haben. Und solang sie in den entscheidenden Momenten weiterhin "funktionieren", werd ich das auch nicht ändern.
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Re: Infantile Hunde?

Beitragvon chino » 25.07.2013, 11:26

Hallo,

in gewisser Weise ist es (es sei mir alle Jubeljahre mal der Vergleich gestattet ... :) ) wie bei Kindern.

Natürlich kann man ein Krabbelkind nicht "seine eigenen Erfahrungen machen lassen" mit Mutters gutem Küchenbeil.
Aber im mittleren Kindergartenalter können sie durchaus lernen, sich mit einem geeigneten Werkzeug selbst eine Scheibe Brot zu bestreichen.
Irgendwann sind sie auch alt genug, um im Selbstversuch zu lernen, dass es nur eingschränkt schlau ist, bei -14°C ohne Mütze rumzulaufen.

Beim Hund ist es allerdings etwas schwerer, diese Grenze zu ziehen: die meisten von uns finden es schon sehr angebracht, dass sich die Fellnase in vielen Situationen an uns orientiert, anstatt selbst die Dinge zu regeln. Das Hundchen soll zumindest formal unseren Sanctus einholen, bevor es mit Nachbars Fiffi übern Acker davonbrettert. Und es soll auch nicht ständig selbst entscheiden, wer ins Haus darf usw. Flocki darf auch ruhig tapfer sein und nicht an jeder Mülltonne in unser Hosenbein kriechen. Aber umgekehrt soll er nicht den halben Tag "heldenhaft" den Gartenzaun verteidigen oder gar seine Futterschüssel.

Flocki darf also ruhig seine eigene Meinung haben ... solange die sich mit unserer deckt. ;)

Wie Birgit schon schrieb, sind die "Lieber immer erst Mama fragen"-Hunde wohl leichter zu handhaben als die Revoluzzer-Typen.
Umgekehrt stärken positive selbst gemachte Erfahrungen das Selbstbewusstsein, und ein Hund mit einem stabilen Selbstbewusstsein (was nicht dasselbe ist wie Größenwahn!) ruht gewöhnlich mehr in sich als ein dauerängstlicher "Hinter Mama-Verstecker".

Wenn sie klein sind, gib ihnen Wurzeln; wenn sie groß sind, gib ihnen Flügel. [Ursula Neumann] ... oder so ...

LG
Andrea
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Re: Infantile Hunde?

Beitragvon Getier » 25.07.2013, 21:24

Ich denke vor allem an viele kleine Dinge im Alltag - nicht sowas "großes", wie Nachbarsfiffi anbellen oder den Postboten stellen. Und: Darf/soll es NUR positiv sein? Gehören schlechte Erfahrungen nicht auch zum Leben dazu? Mir ist durchaus bewusst, was schlechte Erfahrungen anrichten können ... aber die Frage stellt sich hier ja nicht direkt. :d
Das fängt schon beim Welpen an. Welpe springt ins 40cm hohe Dorfbächlein. Frauchen springt hinterher und "rettet" ihren armen kleinen Welpen. Warum? :roll:

Der Hund wird nicht ertrinken, er könnte lernen die "Gefahr" Wasser einzuschätzen und wird eventuell vorsichtiger - könnte aber auch die Erfahrung machen, das er sich "selbst gerettet" hat und findet wohlmöglich Spaß an dem nassen Element.

Es gibt da ja diesen - durchaus berechtigten - Trend, seine Hunde vor "bösen anderen Hunden" zu schützen. Mir ist jetzt oft aufgefallen, dass es vielfach falsch verstanden wird bzw. anders verstanden wird, als ich es verstehe. Wenn mein Terrierchen im Feld läuft und ein Ridgeback von fünf Monaten angeflogen kommt und mit den Pfoten schlägt - muss der da begeistert sein? Muss er nicht - der knurrt, der schnappt ab und der tänzelt auch drei Runden um den erstaunten Jungspund herum. Das Frauchen faucht mich in dem an, dass ihr Hund wegen MIR nun eine schlechte Erfahrung gemacht habe und deswegen ganz sicher Problemverhalten entwickeln würde. Öhm. Ja. Der hat sicher ein Trauma erlitten - oder einfach nur was fürs Leben gelernt? :?
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