Hallo,
Getier hat geschrieben:... Finden ihr es in Ordnung, wenn man einen Hund gezielt auf den Ball trimmt um sich damit Vorteile zu schaffen? Fördert ihr so ein Verhalten vielleicht sogar (bewusst) selbst? Wo seht ihr die Vorteile, wo die Nachteile?
Im Grunde ist es ja egal, womit man seinen Hund motiviert und/oder bestätigt.
Und wenn einer lieber kurz seinem Ball hinterhersprintet anstatt 3 Stk. Käse abzustauben oder geknuddelt zu werden, ist das auch soweit kein Ding. Schließlich soll die Bestätigung beim Hund gut ankommen und
ihm "Freude" machen - ob man sich als Halter für Tubenleberwurst, Käse, Rennspiele oder Bälle erwärmen kann, ist dabei zweitrangig.
Ich möchte aber generell keinen Hund haben, der
nur deswegen mitzieht, weil er dem Käseduft in meiner Tasche folgt oder eben mit den Augen am Ball klebt. Ich hätte lieber eine positive Grundstimmung, sozusagen ein motivierendes Arbeitsklima für ein fröhliches Miteinander
und einen Hund, der noch in der Lage ist, dabei auch mitzudenken. Bitte mich nicht falsch zu verstehen: ich erwarte absolut nicht, dass der Wuffel alles aus reiner Liebe zu mir tut - selbstverständlich steht ihm Belohnung welcher Art auch immer für seine Leistung zu! Aber die Belohnung sollte nicht zum ultimativen Ziel werden - das Ziel ist für mich, dass mein Hund einfach gern mit mir gemeinsam etwas macht. Und davon ist ein Junkie weit entfernt.
Die (wenigen) Vorteile eines ballfixierten Hundes:
-) "Ball geht immer", auch wenn z.B. gerade aus gesundheitlichen Gründen Nahrungskarenz angesagt ist
-) Ball verdirbt nicht und krümelt einem auch nicht die Jackentaschen voll
-) ein Ball kann - im Gegensatz zu Stimme oder Sozialkontakt - leicht auch von anderen Personen als dem Halter eingesetzt werden. Wir hatten im Mantrailing-Kurs eine Hündin dabei, die zwar sehr gern am Ziel von der gefundenen Person ihre Futterbestätigung bekam, aber so richtig Freude hatte sie mit einem abschließenden kurzen Ballspiel.
Die Nachteile aus meiner Sicht:
-) wenn es ein ganz bestimmter Ball sein muss, kann der Verlust (und wie wir alle wissen, gehen Bälle halt mal verloren) dieses einen Lieblingsballs problematisch sein
-) es soll Balljunkies geben, die einfach JEDEM Ball hinterherfetzen und dabei ganz ungeniert Kindern oder anderen Hunden deren Ball klauen. Das kann besonders im Zusammenhang mit Kindern zu Konfliktsituationen incl. Beißunfällen führen
-) ich erachte jedes zwanghafte Verhalten als äußerst ungesund und somit nicht wünschenswert. Wenn ich als HF es nicht anders als durch so ein Zwangsverhalten schaffe, meinen Hund ausreichend zum Mitmachen zu motivieren, sollte ich a) meine Beziehung zu meinem Hund und meine grundsätzliche Arbeitsweise hinterfragen und b) darüber nachdenken, ob die Art der Beschäftigung, die ich mit meinem Vierbeiner betreibe, die richtige für ihn ist. Vielleicht ist eine andere Freizeitgestaltung bzw eine andere Sportart, die besser zu ihm passt, wo er von sich aus so viel Spaß daran hat, dass er auch ohne solche Mittel gut motivierbar ist, der Schlüssel.
Wie sehr es legitim, also moralisch akzeptabel ist?
Nach meiner Ansicht gar nicht - nicht für so lächerliche Zwecke wie eine bessere Durchlaufzeit auf dem Agility-Parcour. Ich setze ja meine Kinder auch nicht auf Drogen, damit sie bessere Klassenarbeiten schreiben oder im Sport besser abschneiden. Warum sollte ich also meinem Hund, der in ähnlicher Weise von mir abhängig ist, so ein Verhalten anerziehen? Dem Hund ist es vollkommen latte, ob er als erster oder 35. durchs Ziel läuft. Und den Grundgehorsam daran zu koppeln, finde ich sinnfrei: der sollte im Ernstfall schließlich auch dann greifen, wenn NULL Bestätigung zur Hand ist.
Ich fände es sehr wohl legitim, eine starke (schon gegebene) Affinität als zusätzliche Unterstützung auszunützen, um problematische Verhaltensweisen in den Griff zu kriegen: wenn ich mittels z.B. Ball oder Futter dem Hund helfen kann, seine Aggressionen gegen Kinder/Artgenossen/wasauchimmer abzulegen, dann wäre das IMO eine durchaus akzeptable Vorgehensweise.
LG
Andrea