Fehler beim Einsatz von Belohnungen

Tipps und Anregungen zu Erziehungsfragen

Fehler beim Einsatz von Belohnungen

Beitragvon chino » 07.11.2015, 14:56

Welche drei Fehler beim Einsatz von Belohnungen deinen Trainingserfolg verhindern

1. Fehler – Warum gut gemeint, nicht immer gut gemacht ist
Ach, das macht er ja gerade so schön. Kurz den Kopf angetatscht und das Leckerlie in die Rachen gestopft. Mein Gott, ist der süß und er kann sich schon so gut auf Signal hinsetzen.
Das klingt für dich leicht übertrieben? Na ja, mir ist das schon passiert. Gedanken verloren und mit guten Absichten wollte ich Ascii belohnen und er fand es schrecklich. Von der Niedlichkeit des Hundes geblendet zu werden, ist keine gute Ausrede…

Wann hast du zuletzt auf deine eigene Körpersprache beim Belohnen geachtet und dabei noch geschaut, wie das bei deinem Hund ankommt? Eine für den Hund bedrohliche Körpersprache kann deine Belohnung abwerten oder sogar vollkommen zerstören.
Natürlich ist nicht jeder Hund gleich. Meine Hunde reagieren auf Körpersprache sehr sensibel und finden es nicht toll, wenn wir uns über sie beugen. So waren sie schon immer und wir haben mittlerweile gelernt unsere Körpersprache beim Belohnen anzupassen. Denn das ist alles nur eine Frage der Gewohnheit. Der wichtigste Schritt ist sich darüber bewusst zu werden und darauf zu achten.

Beim Belohnen nehme ich meinen Körperschwerpunkt nach hinten oder stelle mich seitlich, sodass ich nicht so leicht mit meinem Vorderkörper nach vorn kippe. Oder ich gehe nach dem Belohnen einen Schritt zurück und gebe dem Hund etwas mehr Raum. Das passiert bei mir mittlerweile ganz automatisch und ich denke nicht mehr darüber nach. Die Hunde fühlen sich dabei sehr wohl und die Belohnungen kommen auch als solche bei ihnen an. Denn beim Belohnen geht es ja um den Hund, da versuche ich es ihm so schön wie möglich zu machen.

Ich hatte schon einen Hund im Training, der sich furchtbar erschrocken hat, wenn der Halter Futterbröckchen geworfen hat. Natürlich wurde das nach einem einmaligen Versuch erst mal nicht als Belohnung eingesetzt. Denn wenn meine Belohnung dem Hund Angst macht, habe ich mein Ziel sehr weit verfehlt und bestrafe meinen Hund sogar, in dem ich ihn erschrecke.

Beobachte deinen Hund genau und lasse dich im Training filmen, so kannst du schnell herausfinden, ob deine Körpersprache gut bei deinem Hund ankommt oder ob du noch etwas optimieren hast.

Und denke immer daran, eine Belohnung ist für deinen Hund da und nicht für dich – sie sollte also nicht nur dir Spaß machen. Dinge, die nur dir Spaß machen, kannst du auch gern mit deinen Hund machen, nur du musst ihn gut belohnen, wenn er mitmacht.


2. Fehler – Warum du nicht zu früh in die Tasche greifen darfst
Du sagst zu deinem Hund “Sitz”, dein Hund geht in die Knie und setzt fast seinen Hintern auf den Boden. In diesem Moment wandert deine Hand in die Futtertasche und dein Hund springt wieder auf und wedelt dich im Stehen an. Wer einen schnellen und aufmerksamen Hund zu Hause hat, hat so etwas sicher schon erlebt.

Damit dein Timing stimmt und bei deinem Hund ankommt, für welches Verhalten er belohnt wird, kannst du ein Markersignal einsetzen.
Mit Hilfe eines Markersignals kannst du Verhalten markieren und für deinen Hund die Brücke von seinem Verhalten zur Belohnung schlagen. Erst danach holst du die Belohnung raus oder gibst den Zugang dazu frei. So kannst du präzise mit deinem Hund arbeiten und musst dich nicht Überschlagen beim Hervorzaubern der Belohnung.

Lesetipp: Der Grund, warum du mit Markersignalen besser trainierst

Wichtiger als das Markersignal ist aber, ob du weißt, für welches Verhalten dein Hund eine Belohnung bekommen soll. Du musst wissen, wo es hingeht, um deinen Hund auf den richtigen Weg zu bringen.

Du willst mit deinem Welpen Sitz üben und er hat keinen blassen Schimmer, dass sein Hinterteil den Boden berühren soll. Er setzt sich auch nie von allein. Du versuchst ihn ins Sitzen zu locken und seine Hinterbeine knicken zwar ein, aber mehr schafft er noch nicht. In dieser Situation musst du das Einknicken der Hinterbeine belohnen, denn ohne diesen Schritt wird dein Welpe sich niemals hinsetzen. Ignorierst du dieses Ansatzverhalten wird dein Welpe etwas anderes ausprobieren und von der Idee die Hinterbeine einzuknicken wegkommen, was dazu führt, dass er sich nie hinsetzen wird. Du musst wissen, wo es hingehen soll und welche Zwischenschritte es bis zum Endverhalten braucht. Wenn dein Welpe versteht, dass er belohnt wird, wenn er mit den Hinterbeinen einknickt, hat er eine Spur und wird dem Sitzen immer schneller näher kommen.


3. Fehler – Warum immer die gleiche Belohnung dich ausbremst
Die perfekte Belohnung für deinen Hund befriedigt sein aktuell vorherrschendes Bedürfnis. Ist das mit einer einzigen Belohnungsart immer möglich? Vielleicht mit Futter, wenn dein Hund immer nur fressen will – aber halt er bekommt sicher auch mal Durst, will seine Ruhe oder doch mal schnüffeln.
Lesetipp: Welche Belohnungen du für ein erfolgreiches Training brauchst

Du wirst langweilig, weil dein Hund genau weiß, was kommt. Überraschungen hingegen beschleunigen das Lernen enorm und machen dir und deinem Hund eine Menge Spaß. Und wie willst du mit einer spannenden Umwelt mithalten, wenn du immer nur das gleiche auf Lager hast? Klar, du kannst die Umwelt nie komplett ersetzen, aber du kannst sie für dein Training nutzen.

Für alles, was dein Hund zeigt, bekommt er immer die gleiche Belohnung. Für 2 Sekunden Sitz bekommt er die gleiche Belohnung wie für 3 Minuten im Sitz bleiben und warten. Wenn dein Hund schon zuverlässig wie ein alter Hase 2 Sekunden Sitzen kann, sollte das nicht jedes Mal so gut belohnt werden wie 3 Minuten Sitzen, was ihm noch viel schwerer fällt. Für 2 Sekunden Sitzen kannst du minderwertigere Belohnungen nutzen, um dir die besseren Sachen für größere Leistungen oder wichtige Signale aufzusparen.

Eine Futtertube mit Leberwurstfüllung gibt es bei uns für ein kurzes Sitz einmal in zwei Monaten als Überraschungsjackpot – ansonsten gibt es Leberwurst als sehr hochwertige Belohnung für den Rückruf und für das Krallen schneiden, weil das nicht Amis und Pacos Lieblingsbeschäftigung ist. Würde es ständig Leberwurst regnen, wäre die sicher immer noch lecker für die Hunde, aber nichts Besonderes mehr und ihre Wertigkeit würde sinken.

Fazit
Achte auf deine Körpersprache und zerstöre nicht deine Belohnung, in dem du deinen Hund bedrängst.
Die Belohnung ist für deinen Hund und macht in besten Fall euch beiden Spaß – auf keinen Fall solltest nur du Spaß daran haben.
Dein Timing kannst du mit dem Einsatz von einem Markersignal verbessern. Für ein gutes Timing musst du wissen, wo es hingeht – dazu gehört, dass du dein Training planst und deinen Kurs immer wieder anpasst.
Benutze verschiedene Belohnungen verschiedener Wertigkeit, um deinen Hund immer mal zu überraschen und um wichtige Signal besser belohnen zu können als Dinge, die dein Hund im Schlaf beherrscht.

Quelle
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Re: Fehler beim Einsatz von Belohnungen

Beitragvon Wolfskralle » 07.11.2015, 19:11

Spricht die gute Dame da etwa mein früheres Ich an? :d

Genau wegen diesen Fehlern bin ich auf ausschließlich verbales Lob umgestiegen, welches gleichzeitig Auflösekommando für den gegebenen Befehl ist - und erst danach gibt es Spiel / Leckerchen. Versteht der Hund auch. Viele mögen es nämlich gar nicht während der Arbeit angetätschelt zu werden.
"Ignoranz hab ich von meinem Hund gelernt".
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Re: Fehler beim Einsatz von Belohnungen

Beitragvon chino » 14.11.2015, 23:45

Hallo,

das schwarze Untier hat ja ein ambivalentes Verhältnis zu körperlicher Zuwendung.

Wenn ihm der Sinn danach steht, lässt er sich kraulen, gerne auch stundenlang.
Doch wehe dem, der ihn zur Unzeit knuddeln will. Bei Herrchen und mir dreht er sich weg, bei allen anderen Menschen incl den eigenen Kindern kommen da meist auch noch weitere Unmutsbezeugungen dazu. :facepalm:

Wenn er im Garten tatsächlich zügig kommt, wenn ich ihn rufe, muss ich mich zurücknehmen, dass ich nicht vor lauter Begeisterung an ihm rumtätschle ... und ihm dadurch das Herankommen verleide ... :(

LG
Andrea
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