Grenzen setzen

Tipps und Anregungen zu Erziehungsfragen

Re: Grenzen setzen

Beitragvon Emma » 09.11.2014, 15:01

Ich war blauäugig. Der erste Hund... Man will alles richtig machen. Dann liest man so viel über Fehlverknüpfungen, traumatiesierungen, Gewalt.... Oh nein, das wollte ich nicht. In der Welpenzeit war alles tacko. Er orientierte sich an mir. Ich war sein Alles. Dann wurde er älter und rüpelig. Er testet aus, pöbelt rum, ist oft überm Ziel hinaus.
Erst versuchte ich mit alt bekannten Mittel weiter zu trainieren. Clickern, Bögen laufen, alles positiv belegen... Er pöbelte nie aus Unsicherheit auch wenn ich mir das als Schönrederei oft selber sagte. Nein, er hat einfach Spaß dran. Iiiiregndwann platzte ich. Einstein legte los und ich wurde sauer, griff ihm aus dem Affekt heraus am Kragenfell, sagte ihm er sei ein Arsch und bucksierte ihm wieder neben mir. Tjoa.... Damit war da Thema dann durch. Nagut... Manchmal versucht er es nochmal, aber das habe ich schnell im Griff.
Dann dachte ich mir... Warum hast du dich verstellt? Bleibt authentisch. Sei sauer wenn du sauer bist, sei enttäuscht, wenn du enttäuscht bist und freue dich!
Alle reden immer von Kommunikation, aber warum sollte man den Hunden einen wichtigen Teil davon nehmen? Freude, Zusammengehörigkeit aber auch Mal sauer sein zu dürfen... Ein Hund der keine Aggressionen zeigt ist für mich genauso gestört, wie einer, der zuviel davon zeigt.

Angemessene Strafen finde ich ok und manchmal auch sehr wichtig. Was angemessen ist?! Kommt auf den Hund drauf an.... Der eine brauch nur einen scharfes Wort, der andere auch mal körperliche Einschränkung. Ja,mich böse Hundemutti blocke meinen Hund oder "buffe" ihn mal an.

Strafen in Form von starken Schmerzen wie beim falsch eingesetzten Stachel oder beim Teletakt lehne ich jedoch stark ab.
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Re: Grenzen setzen

Beitragvon chino » 22.03.2015, 09:39

Die gewaltlose Gewalt
„‬Natürlich muss man Grenzen setzen.‭ ‬Manche Leute übertreiben es ein wenig mit der positiven Verstärkung und halten jedes Nein,‭ ‬jede Grenze für eine aversive Trainingsmethode.‭ ‬Auch Tiermütter tadeln ihre Jungen,‭ ‬dazu haben sie jedes Recht.‭ ‬Ein Tadel ist keine Strafe,‭ ‬eher ein Signal zum Aufhören.‭ ‬...‭“ (‬Karen Pryor,‭ ‬2014‭)

Wenn es möglich wäre,‭ ‬aus dem Menschen mit einem kleinen Schlag auf den Hinterkopf einen guten und umsichtigen Menschen zu machen,‭ ‬wir würden in einer wunderbaren Welt leben.‭ ‬Jedes Kind bekäme gleich nach seiner Geburt einen kleinen Klapps und keiner würde sich drüber aufregen.‭ ‬Es würde in einer Welt leben in der das Wort‭ ‚‬Gewalt‭‘ ‬ein Fremdwort ist.‭ ‬Wenn es nun auch noch möglich wäre,‭ ‬jeden Hund mit einem ebensolchen Stupps zu einem folgsamen Hund zu machen,‭ ‬der Hund würde in einer freien Welt leben.‭ ‬Jeder Welpe bekäme nun auch gleich einen Klapps und würde in der Zukunft immer auf Rufen herankommen.‭ ‬Er würde alles was er gerade tut umgehend unterlassen,‭ ‬wenn man es von ihn verlangt.‭ ‬Wir würden nicht nur in einer Welt ohne Hundetrainer leben,‭ ‬wir würden in einer Welt leben in der niemals das Wort‭ ‚‬Gewalt‭‘ ‬ausgesprochen oder gar aufgeschrieben worden wäre.‭ ‬Dieses Wort würde nicht existieren‭! ‬Unsere Hunde könnten immer frei herum laufen weil sie folgsam sind und die Menschen würden sie gewähren lassen weil sie umsichtig sind.‭ ‬Wäre das nicht toll‭!

Gewalt ist eine schlimme Sache‭! ‬Aber es ist einfach zu sagen,‭ ‬man wäre für‭ ‚‬Gewaltlosigkeit‭'‬,‭ ‬denn wer außer ein paar kranker Zeitgenossen stellt sich schon dahin und plädiert öffentlich für Gewalt.‭ ‬Auf Gewalt zu verzichten ist eine gute Sache,‭ ‬eine Einstellung zum Leben,‭ ‬zum Miteinander und zum Frieden.‭ ‬Gewaltverzicht ist ein Ziel,‭ ‬dass man in seinem Leben hoch halten kann‭ (‬oder besser:‭ ‬sollte‭!)‬,‭ ‬aber ist wirklich alles Gewalt was augenscheinlich als Gewalt erscheint‭? ‬Gewalt ist in unserer Welt allgegenwärtig,‭ ‬in den großen und in den kleinen Dingen.‭ ‬Gewalt ist ein Prinzip der Natur:‭ ‬Leben,‭ ‬töten und leben Lassen‭! ‬Wir Menschen vergessen es nur sehr schnell,‭ ‬weil wir in einer Welt leben in der uns die großen Gewalten von Polizei,‭ ‬Militär,‭ ‬Gerichten,‭ ‬Behörden abgenommen und von uns fern gehalten werden.‭ ‬Die kleinen Gewalten wie ein Anrempler im Supermarkt,‭ ‬die Pöbelei des ungeliebten Nachbarn,‭ ‬das Hupen des genervten Autofahres im Stau‭ ‬-‭ ‬das alles ignorieren wir nur allzu gerne.‭ ‬Wir reden nicht gerne darüber,‭ ‬weil es nicht in unser Konzept eines gewaltlosen Lebens passt.‭ ‬Wir möchten es nicht sehen,‭ ‬keiner findet es toll und wir alle haben gelernt damit zu leben.‭ ‬Wir haben uns dran gewöhnt,‭ ‬es nicht mehr wahrzunehmen‭! ‬Dabei tut es uns nicht im geringsten weh und in den meisten Situationen verstehen wir,‭ ‬dass wir persönlich überhaupt nicht gemeint waren.‭

Wenn uns einer im Supermarkt an der Kasse mit seinem Einkaufswagen von hinten anschuppst,‭ ‬finden wir das nicht toll und drehen uns erbost um.‭ ‬Lächelt der Verursacher uns dann an und entschuldigt sich,‭ ‬ist die Sache vergessen.‭ ‬Grinst er uns blöde an und schuppst noch einmal nach,‭ ‬dann meckern wir oder rufen gleich die Polizei und verklagen diesen Menschen wegen Körperverletzung.‭ ‬Wie auch immer:‭ ‬Ein und dieselbe Handlung erleben wir als verschiedenen,‭ ‬je nach dem wie unser Gegenüber sich verhält und wie wir es verstehen.‭ ‬Einmal erleben wir Gewalt und einmal nicht‭! ‬In einer dritten Situation hat er uns vielleicht mit seinem Einkaufwagen angestuppst,‭ ‬weil wir geträumt hatten und es Zeit wird,‭ ‬unsere Waren endlich mal auf Band zu packen.‭ ‬Uns wurde etwas gezeigt,‭ ‬wir haben es verstanden,‭ ‬den Stupps nicht als Gewalt gespürt und uns entschuldigt‭ ‬-‭ ‬womöglich noch bedankt.‭ ‬Es ist also immer der soziale Zusammenhang,‭ ‬der unseren Handlungen einen Sinn gibt:‭ ‬Die Absicht des Handelnden,‭ ‬die Situation‭ (‬oder Beziehung‭) ‬in der gehandelt wird,‭ ‬unsere Wahrnehmung der Handlung und unsere Möglichkeiten diese zu verstehen‭! ‬Passt alles zusammen und macht für uns einen Sinn,‭ ‬erleben wir keine gewalttätige Handlung,‭ ‬obwohl körperlicher Einsatz‭ (‬Gewalt‭) ‬im Spiel war‭ ‬-‭ ‬und unter Umständen haben wir sogar etwas dazu gelernt‭!

Der Hund als soziales Lebewesen ist genau wie wir in der Lage,‭ ‬die‭ (‬sozialen‭) ‬Zusammenhänge von Handlungen zu verstehen.‭ ‬Er sucht wie wir selber in den Handlungen anderer nach einer Bedeutung für seine eigenen Bedürfnisse und sein eigenes Handel im sozialen Verband.‭ ‬Macht eine körperliche Einwirkung auf ihn in seinen Augen einen Sinn und erkennt er Alternativen kann er sehr gut damit umgehen,‭ ‬ohne sich als Opfer von Gewalt zu fühlen.‭ ‬Nicht anders machen es Hunde unter sich,‭ ‬wenn sie einem anderen Informationen zu seinem Verhalten geben wollen.‭ ‬Das hat nichts mit Strafe,‭ ‬Angst oder sogenannten Schreckreizen zu tun.‭ ‬Es handelt sich um eine Maßregelung im Sinne einer Korrektur oder Einschränkung‭ (‬Begrenzung‭)‬,‭ ‬eine sehr direkte Form des sozialen Lernens in der der Hund jederzeit die Möglichkeit hat,‭ ‬sein Verhalten aus eigener Entscheidung zu ändern oder beizubehalten.‭ ‬Macht die Maßregelung Sinn‭ ‬-‭ ‬und seitens eines ranghöheren Wesens wird es‭ ‬immer Sinn machen‭ ‬-‭ ‬wird der Hund folgen:‭ ‬Er hat für sein zukünftiges Verhalten aktiv etwas gelernt was es ihm ermöglicht,‭ ‬reibungsloser im sozialen Verband zu leben‭!

Wird der Hund‭ ‬-‭ ‬z.B.‭ ‬ein Zaunkläffer‭ ‬-‭ ‬von Fraule allerdings mit lecker Keks vom Zaun weg gerufen,‭ ‬dann kommt er zum Fraule weil es lecker Keks gibt oder weil er gelernt hat,‭ ‬dass das Fraule es ganz toll findet‭ ‬wenn er dann kommt und es vielleicht zusätzlich noch einen lecker Keks gibt.‭ ‬Aber die Information,‭ ‬dass Kläffen am Zaun vom Fraule unerwünscht ist,‭ ‬wird ihn vorenthalten.‭ ‬Der Hund hat was sein unerwünschtes Verhalten betrifft‭ ‬nichts gelernt,‭ ‬er wurde ausschließlich manipuliert‭ ‬-‭ ‬ohne jede Chance,‭ ‬einen Zusammenhang zwischen richtigem und falschem Verhalten herstellen zu können.‭ ‬Er wurde auf einen Reiz konditioniert,‭ ‬der mit dem ursprünglichen Verhalten so viel zu tun hat wie eine Bananenschale mit einer Packung Nudeln‭ ‬-‭ ‬nämlich rein gar nichts‭! ‬Und wenn der Hund es doch schafft,‭ ‬eine Verbindung zwischen Kläffen und Keks herzustellen,‭ ‬ist es so richtig blöd gelaufen:‭ ‬dann kläfft der Hund dann erst recht am Zaun herum,‭ ‬damit er seinem Fraule wieder eine solch tolle Freude bereiten kann und einen lecker Keks dafür bekommt.‭ ‬Knapp daneben ist auch vorbei‭! ‬Einen smarten Anschuppser,‭ ‬eine kurze und deutliche Zurechtweisung oder eine körperliche Begrenzung zum Zaun hätte der gleiche Hund ohne jeden Zweifel verstanden‭ ‬-‭ ‬ohne es dem Menschen übel zu nehmen,‭ ‬wenn es nicht so gemeint war und dem Hund Alternativen angeboten wurden‭!

Ich jedenfalls laufe nicht durch den Supermarkt und schiebe jedem einen Keks rein,‭ ‬der mich gerade nicht mit seinem Einkaufwagen anrempelt‭ ‬-‭ ‬und abgesehen davon,‭ ‬dass das ziemlich teuer für mich werden würde:‭ ‬Wer würde mich verstehen‭? ‬Vielleicht wäre ja der eine,‭ ‬der mich in der Kassenschlange dann doch wieder anschuppst,‭ ‬enttäuscht,‭ ‬weil er jetzt keinen Keks bekommt.‭ ‬Vielleicht wäre er aber auch sehr frustriert,‭ ‬würde nachdenklich werden und von selber drauf kommen.‭ ‬Vielleicht haben ihm meine Kekse sowieso nie geschmeckt und er ist froh,‭ ‬dass er von mir bei der Kekszuteilung übersehen wurde.‭ ‬Wahrscheinlich aber geht ihm die ganze Sache tangetial-quer am Popo vorbei und bei der nächsten Gelegenheit habe ich wieder eine Einkaufskarre am Gesäß kleben.‭

Quelle
Hundetrainer? Wir brauchen einen EXORZISTEN!
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